Prügel mit Folgen

SPD und PDS fordern Sondersitzung des Thüringer Landtages zum Hamburger Prozess gegen drei Polizisten, die Zivilkollegen misshandelten

aus Hamburg ELKE SPANNER

Der Hamburger Prozess gegen die drei Erfurter Polizisten, die auf einer Demonstration in der Hansestadt Zivilkollegen misshandelt hatten, wird in Thüringen ein parlamentarisches Nachspiel haben. Die oppositionelle SPD-Landtagsfraktion verlangt eine Sondersitzung des Innenausschusses, in welcher die Landesregierung über ihre Einflussnahme auf das Gerichtsverfahren Auskunft geben soll. Die PDS hatte bereits vor einer Woche beantragt, das Verhalten der Regierung zum Thema des Innenausschusses zu machen.

Am Montag sind die drei Polizisten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu Freiheitstrafen von jeweils 12 Monaten verurteilt worden (taz berichtete). Das Gericht wählte ein Strafmaß, das die Entfernung der Beamten aus dem Staatsdienst zur Folge hat, weil laut dem Richter „nicht damit zu rechnen ist, dass die Thüringer Polizeiführung disziplinarrechtliche Konsequenzen ziehen wird“. Denn die hatte sich vorbehaltlos vor die Polizisten gestellt und versucht, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen – zuletzt durch ein Schreiben von Innenminister Andreas Trautvetter (CDU) an Hamburgs Justizsenator Roger Kusch (CDU). Darin hatte er verlangt, Haftbefehle gegen die Angeklagten aufzuheben.

Für den innenpolitischen Sprecher der PDS-Fraktion, Roland Hahnemann, ist dieses Vorgehen „maßlos peinlich und rechtsstaatswidrig“. Die Bereitschaftseinheit, der die drei Polizisten angehörten, stehe in Thüringen schon länger im Ruf, dass dort „der Schlagstock besonders locker sitzt“.

Die Thüringer Regierung habe ihre Einflussnahme zwar mit der Fürsorgepflicht gegenüber Untergebenen begründet. Letztendlich aber habe sie dem Zweck gedient, das Image der Bereitschaftspolizei zu schützen. „Die drei angeklagten Polizisten mussten dafür ihren Kopf hinhalten.“ Denn offenbar hatte die Polizeiführung ihnen untersagt, trotz der erdrückenden Beweislage ein Geständnis abzulegen oder sich etwa unter Verweis auf ihren Dauerstress zu entlasten.

Für den justizpolitischen Sprecher der thüringischen SPD-Fraktion, Volker Schemmel, steht inzwischen „nicht nur die Glaubwürdigkeit einiger Thüringer Polizeibeamten auf dem Spiel, hier erleidet auch der Rechtsstaat Schaden“. Mit der Sondersitzung des Innenausschusses, die seine Fraktion beantragen wird, solle insbesondere das „Verhältnis der Polizeiführung und des Innenministers zur dritten Gewalt im Staat geklärt werden“. Schließlich sei nicht hinzunehmen, dass „Polizeibeamte ein Verfahren vor einem unabhängigen Gericht hemmen wollen, wie es offenbar geschehen ist“.

Innenminister Trautvetter hat diese Bedenken mit seiner Reaktion auf das Hamburger Urteil gestern weiter genährt. Er bezeichnete das Urteil als zu hart, ein Berufsverbot für die Prügelpolizisten sei unverhältnismäßig. In einem Radiointerview kündigte er an, dass Thüringer Polizisten in anderen Bundesländern künftig nur noch bei Demonstrationen „mit Schlagstockeinsatz“ Amtshilfe leisten würden, wenn auf diesen keine Zivilpolizisten eingesetzt sind.