Premiere im türkischen Staatsfernsehen

Nach zweijähriger Vorbereitungszeit werden ab heute erstmals auch Beiträge in kurdischer Sprache gesendet. Vorgesehen sind zunächst einmal vier Stunden Sendezeit pro Woche. Private Kanäle dürften bald mit eigenen Programmen nachziehen

AUS ISTANBUL JÜRGEN GOTTSCHLICH

Heute findet in der Türkei eine besondere Premiere statt. Erstmals in der 80-jährigen Geschichte der Republik wird das Staatsfernsehen TRT in kurdischer Sprache senden. Am Samstag kündigte ein Sprecher von TRT an, dass die Vorbereitungen für Sendungen in anderen Muttersprachen als türkisch nun abgeschlossen sind und in dieser Woche beginnen.

Neben den beiden kurdischen Hauptsprachen Zaza und Kermanschi wird TRT außerdem in tscherkessischer, lasischer und bosnischer Sprache sowohl Nachrichten als auch ein Kulturprogramm ausstrahlen. Damit sollen dann alle kulturellen Minderheiten des Landes berücksichtigt werden. „Wir wollen zeigen“, betonte TRT, „welchen kulturellen Reichtum unser Land zu bieten hat.“

Allerdings wollen es die staatlichen Fernsehverantwortlichen auch nicht übertreiben. Sendungen in kurdischer Sprache soll es zunächst vier Stunden in der Woche geben. Für diesen doch recht bescheidenen Gebrauchswert hat das Staatsfernsehen fast zwei Jahre an Vorbereitung gebraucht. Schon im Sommer 2002 hatte das Parlament noch unter der Regierung von Bülent Ecevit Sendungen in kurdischer Sprache für prinzipiell zulässig erklärt. Seitdem wurde um die Details gestritten. Erst nach einem Machtwort von Ministerpräsident Tayyip Erdogan vor wenigen Wochen hat das Staatsfernsehen seine Blockade nun aufgegeben. Damit wird aber auch der Weg für private Kanäle frei. Schon jetzt finden in den überwiegend kurdisch besiedelten Städten im Südosten der Türkei auch große Kulturveranstaltungen in kurdischer Sprache, mit kurdischem Theater oder kurdischem Gesang statt. Es wird deshalb nicht mehr lange dauern, bis lokale Sender ihr Publikum auch mit kurdischem Fernsehen versorgen werden.

Bislang hatten das in Belgien produzierte und über Satellit ausgestrahlte PKK-nahe Medya TV praktisch ein Monopol auf Sendungen in kurdischer Sprache. Wenn auch offiziell verboten, flimmerte doch fast in jeder Wohnung in Diyarbakir und anderen Städten im Südosten Medya TV über den Bildschirm.

Ein erwünschter Nebeneffekt, auf den Reformbefürworter auch stets hingewiesen haben, wird deshalb sein, dass die Nachfolgeorganisation der PKK bei der kurdischen Bevölkerung weiter an Einfluss verliert. Die Kongra-Gel hatte unlängst das Ende des Waffenstillstandes verkündet. Diesen Schritt bezeichneten Nichtregierungsorganistionen am vergangenen Wochenende als verhängnisvoll für die weitere Entwicklung in den kurdischen Gebieten.