Seid fruchtbar und dopet euch

Beim vorolympischen Testturnier wundern sich die ägyptischen Handballer, dass Doping-Kontrollen stattfinden

ATHEN taz ■ Olympia ist nicht mehr fern, und in Athen wird getestet. So fanden sich am Wochenende einige Handballspieler zum Testturnier ein, bei dem, so Gijs Langevoort, der niederländische Vorsitzende der medizinischen Kommission des Weltverbandes IHF, „alles getestet wird, auch die Doping-Kontrollen“. Das hätte man aber auch den Ägyptern sagen müssen, empörte sich deren Cheftrainer, der Deutsche Jörn-Uwe Lommel. „Wir begrüßen die Kontrollen ja“, versicherte er, „aber wir sind darüber vorher nicht richtig informiert worden“. Sonst hätten einige seiner Spieler ihre Gesundheitskuren wohl anders terminiert, ließ Lommel durchklingen und nahm unmittelbar vor Spielbeginn sechs seiner besten Akteure aus dem Kader. Nicht weil sie wissentlich gedopt seien, wie er beteuerte: „Wir wollten einfach auf Nummer sicher gehen.“

Die ägyptische Verunsicherung bei diesem Turnier, an dem außerdem Gastgeber Griechenland sowie Europameister Deutschland und Ungarn teilnahmen, erklärte Lommel mit der Abwesenheit eines kompetenten Mediziners: „Unser Mannschaftsarzt hat gerade gewechselt“, und der neue Mann sei leider nicht in Athen dabei. Überhaupt sei „die medizinische Betreuung bei uns nicht ganz so umfangreich wie in Europa“. Einige Spieler hätten ohne Rücksprache ein Grippemittel eingenommen, ein anderer habe wegen einer Entzündung eine Cortisonspritze bekommen, wieder ein anderer nehme seit kurzem Tabletten, „damit er Kinder zeugen kann“. Die letzte Begründung hat man so ähnlich schon einmal gehört, bei der Weltmeisterschaft 2003 in Portugal, als ein Ägypter für den ersten Doping-Fall bei einem internationalen Handball-Turnier sorgte.

Um die Affäre aufzuklären, hat die Internationale Handball-Föderation (IHF) den ägyptischen Verband zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert – allerdings offenbar nur auf Druck des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und der internationalen Anti-Doping-Agentur Wada. Dass die IHF aus eigenem Antrieb gehandelt hat, erscheint zumindest unwahrscheinlich: Ihr Präsident Hassan Moustafa steht auch dem nationalen Verband Ägyptens vor, und, wie zu hören war, er soll über die Aktivitäten seines obersten Dopingbeauftragten Gijs Langevoort nicht erfreut gewesen sein. Angeblich hat Moustafa bislang auch die obligatorischen Doping-Regularien des IOC für die Olympischen Spiele nicht unterzeichnet, die jeder Weltverband anerkennen muss. Aber selbst IHF-Geschäftsführer Frank Birkefeld tat die Erklärungsversuche der Ägypter als „dummes Zeug“ ab: „Sie wissen seit Monaten, dass dieses Turnier unter olympischen Bedingungen stattfindet.“ Ein gesonderter Hinweis auf Doping-Kontrollen sei nicht nötig gewesen: „Nicht jeder, der von der IHF keinen Brief deswegen bekommt, hat das Recht zu dopen.“

Dass die Ägypter trotz allem Europameister Deutschland 26:25 bezwangen, war dann für Lommel „eine große Überraschung nach den Vorkommnissen der letzten Tage“. Bundestrainer Heiner Brand erklärte das indes ganz einfach: Er musste auf neun wichtige Spieler verzichten. JOACHIM MÖLTER