„Ich dachte: Hoppla, jetzt wird’s politisch“

Eine bayerische Firma hatte den lukrativen Auftrag so gut wie in der Tasche: Anstrich des Pentagon in Washington. Jetzt ist das Projekt neu ausgeschrieben. Grund sind die angespannten deutsch-amerikanischen Beziehungen. Geschäftsführer Neri will notfalls klagen

taz: Herr Neri, Ihre Firma hatte Anfang 2003 die mündliche Auftragszusage für den Anstrich des Pentagon in Washington bekommen. Nachdem der republikanische Kongressabgeordnete Steven LaTourette wegen der ablehnenden Haltung Deutschlands zum Irakkrieg beim US-Verteidigungsministerium interveniert hat, gibt es nun eine Neuausschreibung des 150.000-Dollar-Auftrags. Überrascht Sie das?

Peter Neri: Im Prinzip schon, weil wir eigentlich davon ausgegangen sind, dass der Auftrag fest bei uns bleibt, zumal die ganzen Materialien über ein Jahr lang erprobt und ausgewählt worden sind.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von Ihrem amerikanischen Händler von der Neuausschreibung erfuhren?

Ich dachte: Hoppla, jetzt wird’s doch politisch. Jetzt sind wir in die Fänge der großen Politik geraten.

Empfinden Sie die Zurücknahme der mündlichen Zusage als Affront?

Als Affront empfinde ich das nicht. Es ist eine ungewohnte Art. Aber eines werde ich jetzt tun: Ich werde mir auf amerikanische Art überlegen, ob ich nicht einen Anwalt zu Rate ziehe, um prüfen zu lassen, ob auf der juristischen Schiene etwas zu machen ist.

Wie verhält man sich als Farbenfabrikant, wenn man zwischen die Fronten gerät?

Am besten weiterkämpfen. Genau das werden wir tun. Wir sind ja auch wieder eingeladen, an der neuen Ausschreibung teilzunehmen, die noch bis zum 21. Mai läuft. Und wenn es tatsächlich auf Technik ankommt und nicht nur nach patriotischen Gesichtspunkten entschieden wird, werden wir auch wieder an erster Stelle sein.

Wieso sind Keimfarben besser als amerikanische Farben?

Weil wir silikatische Farben haben. Das heißt, das sind anorganische Farben, während die Dispersionsfarben, die normal eingesetzt werden, organische Farben sind, also auf Petrolbasis bestehen und in Amerika zum großen Teil noch Lösemittel enthalten. Unsere Farben haben eine längere Haltbarkeit, sind umweltfreundlicher und baubiologisch wesentlich akzeptabler.

Was halten Sie davon, wenn eine deutsche Firma wegen der ablehnenden Haltung ihres Landes zu einem Krieg ausgebootet werden soll?

Das ist für mich ein Rückfall ins Mittelalter, in die Zeiten des Protektionismus. Amerika ist der Erfinder des Global Playing, und wenn man ein Global Player sein möchte, dann bitte auch im eigenen Land.

Wo in den USA sind Keimfarben zu finden?

Seit etwa zwanzig Jahren haben wir an das Capitol liefern dürfen, und wir sind im Moment dabei, für das Weiße Haus die Farbe zu liefern. Wir haben zudem die Pennsylvania- und die Princeton-University gemacht, das Arlington House auf dem Heldenfriedhof und sehr, sehr viele Landmarks. Das sind herausragende Projekte, wie sie hierzulande dem Berliner Schloss Bellevue entsprechen. Wir haben also eine Menge an Referenzobjekten dort, aber noch nie ist uns die Politik in die Quere gekommen.

US-Außenminister Powell war gerade hier. Was hätten Sie ihm gesagt?

(lacht) Buy german. INTERVIEW:
BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA