Kein Anfangsverdacht

SPD-Politiker Kleen kritisiert Senatsantwort zu „Model“-Anzeigen in lokalen Zeitungen als „eine kaum zu überbietende Verharmlosung“

taz ■ Das Plenum horchte interessiert auf, als der SPD-Abgeordnete Hermann Kleen in der gestrigen Bürgerschafts-Fragestunde das Wort ergriff: „Sieht der Senat Möglichkeiten, gegen die zunehmende Zahl so genannter „Model“-Anzeigen in den örtlichen Zeitungen vorzugehen, die wegen der Betonung der ausländischen Herkunft der dort genannten Frauen den Verdacht von Menschen- und Zwangsprostitution begründen könnten?“ Kleen spielte damit auf Anzeigen wie „süße Thai-Massage“, „Salomé“, „Schwarze Perle“ oder „heiße Osteuropäerin“ an, die in diversen Bremer Zeitungen heftigst geschaltet werden.

Der Staatsrat im Innenressort, Thomas vom Bruch (CDU), wiegelte die Frage ab. Erstens sei die Ausübung der Prostitution in Deutschland „gesetzlich nicht verboten“. Zweitens begründeten die „Model“-Anzeigen „alleine aufgrund ihres Hinweises auf die ausländische Herkunft der genannten Prostituierten“ noch keinen Anfangsverdacht auf Menschenhandel oder Zwangsprostitution. „Nicht selten“, so sei festgestellt worden, gingen auch Frauen ausländischer Herkunft „ohne Zwangseinwirkung der Prositution in Modelwohnungen“ nach. Als der Staatsrat auch noch von „Erkenntnissen“ sprach, nach denen „deutsche Prostituierte für ihre Tätigkeit bisweilen einen ausländischen Namen annehmen“, platzte Kleen der Kragen. Die Antwort des Senats liefere eine „kaum zu überbietende Verharmlosung der Situation“, warf er dem Innenressort vor und empfahl ein Informationsgespräch mit dem Polizeipräsidenten. Der CDU-Abgeordnete Rolf Herderhorst zog dagegen halbseidene Verkaufsanzeigen für Autos zum – geschmacklosen – Vergleich heran: Da könne „bei entsprechendem Namen“ auch nicht gleich etwas Illegales unterstellt werden. jox