Aufmarsch der Deos

Zurück nach sieben Jahren: Jan Carstensen präsentiert die 12. Ausgabe der Künstlerzeitung „Pictor“

Eigentlich hatte man gedacht, Jan Carstensens Künstlerzeitung „Pictor“ wäre eingeschlafen, ein Projekt der 1990er, das nur noch als Geschichte von früher in der Erinnerung der damaligen Künstler und in der Sammlung des Neuen Museum Weserburg fortlebt. Aber die „Pictor“ ist nach siebenjähriger Pause zurück – ab sofort gibt‘s die neue, zwölfte „Pictor“-Ausgabe, die „Viareggio (Badekappenzwang)“ heißt und von den Bremer Künstlern Marion Bösen und Christian Meyer gestaltet wurde.

Erschienen ist „Pictor 12“ mit einer Auflage von 100 Exemplaren in Carstensens Pictor Verlag, hergestellt ist die Kunstzeitung wie ihre Vorgängerinnen per Hand im Siebdruckverfahren – pro Ausgabe, so Carstenensen, brauche es insgesamt 45 Druckvorgänge. Das eigens erfundene Format „Künstlerzeitung“ meine dabei etwas „zwischen Künstlerbuch und Malerbuch“: „Pictor“ ist etwas größer als DIN A3 und versammelt ausschließlich Siebdruck-Kunst; Schlagzeilen, Impressum oder News gibt es in der Zeitung keine. Trotzdem bildet „Pictor“ die Kunst nicht nur ab, wie es ein Ausstellungskatalog tun würde. Carstensen: „Das Kunstwerk ist die Zeitung selbst.“

Im Vergleich zu den früheren Ausgaben hat Carstensen die aktuelle etwas „ausgeweitet“: Bislang funktionierte „Pictor“ als Heft, die aktuelle Ausgabe dagegen lässt sich zusammenpuzzeln zu zwei großen Bildern, eines auf der Vorder- das andere auf der Rückseite. Marion Bösens Beitrag basiert auf dem Foto eines Schaufensters in der italienischen Stadt Viareggio und zeigt einen anarchisch übervollen Aufmarsch von Deos, Parfüms, Zahnpastas, Cremedosen und Shampoo-Flaschen. In die Warenwelt hinein setzt Bösen Farbfelder, die wie ein Sternenhimmel über der Szenerie zu schweben scheinen – ganz leicht und ganz zufällig.

Auf das Zufällige zielt auch Christian Meyer mit seiner Wortsammlung auf den anderen Seiten: „Trinkspruch“, steht da in der Nähe von „Karl-Heinz“, „euphorisiert“ trifft auf „Abkochbrühe“, „folgewidrig“ ist ein „Anliegen“. Die Wörter treten mal alleine, mal in Horden auf und entfalten ihren Sinn erst im Betrachter-Kopf, und zwar ganz nach individuellen Entscheidungen.

Analog zu Bösens Farbfeldern streut Meyer die Wörter über die gesamte Fläche – die Arbeiten ergänzen sich, obwohl sie auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Was Carstensen nicht nur freut, sondern Freude macht: „Pictor 13“, sagt er, soll im nächsten Jahr erscheinen. kli

„Pictor 12“ ist zu sehen und zu erhalten im Pictor-Verlag, Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter ☎ 0421 - 59 31 70