Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Hi Hi Hilfe!

Merkwürdigerweise werden Plakate in Hamburg gerne zu immer wiederkehrenden Mustern geklebt. Mag ja sein, dass die Werbekunden diese Plakatreihenfolge nur so und nicht anders buchen können. Aber warum fällt einem das nur in Hamburg auf?

Im vorliegenden Fall ergibt diese erzwungene Nachbarschaft ein erfreuliches Bespiel konzertierter hanseatischer Gerontophilie. Links unten jeweils starrt eine feine alte Dame etwas hilflos vom Plakat. Sie will „Güte erfahren“. Und kann dies offensichtlich bei „Pflege und Diakonie“, einem Zusammenschluss von 74 Pflegeeinrichtungen aus dem ganzen Stadtgebiet.

Rechts von ihr geht es ums selbe Thema, nur sehr viel glamouröser. Da nämlich lugt beispielsweise „Tiger“ Dariusz Michalczewski unter einem schweißnassen Handtuch hervor und befiehlt in großen Buchstaben: „Nimm mir die Zähne raus!“ Au weia, wer wollte das wagen? Darunter steht, deutlich kleiner und in Klammern: „wenn ich alt bin“. Ach so. Ist ja noch etwas hin. Ein anderes Plakat derselben Reihe zeigt, nicht ganz so prominent, Helmut Hö… – ach Quatsch, Lotto King Karl mit der Bitte: „Trag mir die Tüte (wenn ich zu alt zum Einkaufen bin)“. Wer schaltet eigentlich solche aufwändigen und schicken Anzeigen? Das Blankeneser Pflegeheim V.I.P.? Nein, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg. Motto: „Ohne dich sieht Hamburg alt aus. Werde Altenpfleger!“ Toll, denkt man, dass die für solche Anliegen noch Geld haben!

Und fragt sich zugleich, ob der ältere Herr, der über jedem der poppigen „Werde Altenpfleger!“-Plakate von den Litfaßsäulen grinst, auch für Hamburgs Pflegedienste Werbung macht. Ach nein, das ist ja Tom Jones, der andere Tiger („Sex Bomb“). Und er verlangt auch nicht: „Zieh mir den Schlüpfer aus (wenn ich es alleine nicht mehr kann)“, sondern bewirbt ganz brav ein Konzert. Wär für „Schöner pflegen“ wohl auch schon zu realistisch gewesen. RKR