EUROPA DIKTIERT BEIM GIPFEL IN PARIS AFRIKA SEINE MIGRATIONSPOLITIK
: Verräterische Sprachbilder

So stellt sich die Europäische Union den Dialog mit Afrika vor. Erst machen die Europäer unter sich einen politischen Kurs aus. Dann werden die Afrikaner gebeten, ihm zuzustimmen. Das heißt dann Partnerschaft. Auf dieser Grundlage sollen nun afrikanische Regierungen in die Pflicht genommen werden, gegen Entgegennahme von Entwicklungshilfe ihre Bürger zu knebeln, wenn diese auf die leichtfertige Idee kommen sollten, nach Europa auswandern zu wollen, ohne dass jemand in Europa sie darum gebeten hätte.

Das ist die Basis der neuen europäisch-afrikanischen Migrationspolitik, die ein europäisch-afrikanischer Staatengipfel in Paris gestern absegnen sollte. Die französische EU-Ratspräsidentschaft hat seit Juli in mehreren Erklärungen die Umrisse einer repressiven Migrationspolitik entworfen. Die Zuwanderung aus anderen Erdteilen soll nicht den Bedürfnissen der Zuwanderer entsprechen, sondern ausschließlich denen ihrer möglichen europäischen Arbeitgeber. Das elementare Menschenrecht auf Freizügigkeit spielt dabei keine Rolle.

Afrikaner ohne Zukunftsperspektive sollen gefälligst warten, bis Europa sie braucht, so lautet die Devise. Natürlich käme keine afrikanische Regierung auf die Idee, den Zuzug europäischer Experten auf ähnliche Weise zu reglementieren. Diese beraten – mit viel Geld aus der europäischen Entwicklungshilfe – die afrikanischen Regierungen und verdrängen nebenbei zahlreiche afrikanische Akademiker aus ihren Jobs.

Kann so die Zukunft der europäisch-afrikanischen Beziehungen aussehen? Auf dem Gipfel in Paris wurde gestern das etwas verrutschte Bild beschworen, Europa dürfe weder ein „Bunker“ werden noch ein „Sieb“. Diese Art von Sprache entspricht dem Klischee, wonach ein tatenloses Europa Antworten auf gefährlich wachsende Migranten- und Flüchtlingsströme finden müsse. Als ob es nicht die Afrikaner sind, die mit Migration und Flucht eine Antwort auf lebensbedrohliche Entwicklungen in ihrer Heimat suchten – Entwicklungen, für die eine verfehlte europäische Politik oft eine Mitverantwortung trägt. DOMINIC JOHNSON