ORIENTexpress (1)
: Ein Tagebuch unseres Nahost-Korrespondenten, Karim El-Gawhary

Keine Klarheit für Hamdi

Hamdi, der Kairoer Fahrer, versteht gar nichts mehr. Erst hat er im ägyptischen Fernsehen Bilder von amerikanischen Soldaten gesehen, die über den Internationalen Flughafen patrouillieren. Dann sah er Bilder von Irakern, die in der Bagdader Innenstadt die Zerstörung eines US-Panzers zelebrierten.

Schließlich hat er im arabischen Dienst der britischen BBC gehört, dass die Amerikaner das irakische Informationsministerium eingenommen hätten, nur um eine Stunde darauf den Korrespondenten des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira zu sehen, der nur wenige hundert Meter vom Gebäude des Ministeriums steht und erzählt, dass er keinerlei Amerikaner ausmachen könne. Man kann verstehen, dass Hamdi das alles nicht versteht.

Auch bei den islamischen Geistlichen findet Hamdi wenig Orientierungshilfe. Muhammad Sajjed al-Tahtawi, Großscheich der berühmten islamischen Ashar-Universität in Kairo, hört sich ebenfalls eher konfus an.

Der Scheich kritisiert Saddam Hussein dafür, dass er nicht ins Exil gegangen ist, um seinem Land dieses Trauma zu ersparen. Gleichzeitig spricht er von einer „ungerechten Aggression“ gegen den Irak und segnet alle jene, die als Freiwillige den Irakern gegen die Invasoren helfen wollen, einschließlich der Selbstmordattentäter.

Deren Operationen seien als Gegenwehr gegen einen Invasor vollkommen vom islamischen Recht gedeckt, erklärt der Scheich, der als eine der wichtigsten Rechtsautoritäten im sunnitischen Islam gilt. Hamdi hat nie daran geglaubt, dass sich Saddam Hussein ins Exil begeben würde, noch hat der Vater von fünf Söhnen vor, sich jetzt als ägyptischer Freiwilliger an die irakische Front zu melden.

Stattdessen schaut Hamdi lieber auch irakisches Fernsehen. Dort werden dieser Tage selbst Gedichte in Uniform rezitiert, wie beispielsweise jene feinsinnige Zeile: „Möge das Öl jene verbrennen, die versuchen, es zu stehlen, und möge das Wasser des Iraks zu salzig sein für seine Feinde, die versuchen, es zu trinken.“

Im Moment scheint allerdings das Finden sauberen Wassers nicht nur für Iraks Feinde, sondern zumindest für die irakische Bevölkerung im Süden problematisch zu sein. Weswegen sich die dortigen britischen Streitkräfte vorzugsweise beim Verteilen von Mineralwasserflaschen ablichten lassen. Gibt es bessere PR, als dem dürstenden Araber das Symbol des Lebens zu stiften? Und was wünscht sich Hamdi für die Zukunft? „Hoffentlich ist der Krieg bald vorbei“, sagt er. Und im nächsten Satz hofft er im Namen der „arabischen Ehre“ auf weiteren „heroischen irakischen Widerstand“. Nein, keine Klarheit für Hamdi.

Die neue Kolumne „ORIENTexpress“unseres Kairoer KorrespondentenKarim El-Gawhary erscheint künftig inlosem Wechsel mit den Beobachtungen „Amerika im Krieg“ von Michael Streck aus Washington.