„Dann hilft auch kein Importverbot“

Durch ein Importverbot von asiatischem Geflügel sollen infizierte Tiere von Europa fern gehalten werden. Eine neue Gefahr droht aber, wenn das Vogelgrippevirus zu einem neuen Virus mutiert, der von Mensch zu Mensch übertragen werden kann

INTERVIEW MICHAEL SITTIG

taz: Frau Höhn, die Vogelgrippe breitet sich aus. Sehen Sie eine Gefahr für Europa?

Bärbel Höhn: Nach dem bisherigen Stand gibt es keine Gefahr. Durch den europaweiten Importstopp für asiatisches Geflügelfleisch verhindern wir, dass das Virus über die Tiere nach Europa kommt. Wenn sich jetzt allerdings die Vermutungen der Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigen, dass sich das Virus nicht nur von Tier zu Mensch, sondern auch von Mensch zu Mensch überträgt, dann bekommt die Vogelgrippe eine ganz andere Dimension.

Welche?

Dann könnte sich das Virus über Touristen ganz schnell wie ein normales Grippevirus ausbreiten – weltweit. Ein Importverbot für Geflügelfleisch würde dann nicht mehr viel helfen. Wir müssen bei der momentanen Entwicklung sehr, sehr vorsichtig sein und alles sehr genau beobachten.

Wäre Deutschland derzeit medizinisch auf eine solche Grippewelle vorbereitet?

Ich bin nicht aus dem Gesundheitsbereich. Ich weiß nur, was wir gemacht haben, als wir die Geflügelpest letztes Jahr in den Niederlanden hatten. Damals mussten sich etwa Tierärzte oder betroffene Bauern gegen Grippe impfen lassen. Dadurch sollte möglichen Mutationen des Virus entgegengewirkt werden. Denn treffen Vogelgrippevirus und ein herkömmliches Grippevirus eines Menschen aufeinander, könnte ein neuer, uns völlig unbekannter und für den Menschen gefährlicher Erreger entstehen. Bis dann ein optimaler Impfstoff gefunden ist, kann es nach Meinung aller Experten ein halbes Jahr dauern.

Wie steckt sich denn der Mensch beim Huhn an?

Die Viren verbreiten sich über den Atem der erkrankten Tiere oder stecken in den Federn. Doch die Viren sterben bei bestimmten Temperaturen. Wenn das Fleisch also gebraten oder gekocht wird, besteht keine Gefahr.

Wie erkenne ich, ob ich krank bin?

Sie haben grippeähnliche Symptome wie Fieber und Husten. Dennoch ist Grippe eigentlich ein verharmlosender Begriff. Letztes Jahr ist in den Niederlanden ein Tierarzt daran gestorben. Der starb letztlich an einer Lungenentzündung.

Wie sollten sich die Menschen verhalten, die jetzt nach Asien fliegen wollen?

Um eine Mutation gleich im Vorfeld zu erschweren, wäre es natürlich am besten, dass Menschen mit einer Grippe erst gar nicht nach Asien reisen. Selbst wenn Deutsche sich gegen die derzeit bekannten Grippeviren impfen lassen, hilft das aber auch nur bedingt gegen mögliche neue, mutierte Viren.

Raten Sie davon ab, in Länder zu reisen, in denen das Virus bisher aufgetaucht ist?

Nach dem jetzigen Kenntnisstand: nein. Man sollte aber auf jeden Fall vermeiden, mit Lebendgeflügel in Kontakt zu kommen. Sollte sich aber herausstellen, dass es eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gibt mit einem sehr viel gefährlicheren Virus, muss man eventuell vor Reisen in diese Länder warnen.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der Art der Tierhaltung und dem Ausbruch der Vogelgrippe?

Ja. Zwar kann die Vogelgrippe grundsätzlich in jedem Betrieb, überall auf der Welt auftauchen. Aber in Asien gibt es viele Kleinsttierhalter, die durch viele Märkte miteinander verbunden sind, wodurch die Ausbreitung des Virus gefördert wird. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass diese Länder das Problem zu Beginn offensichtlich verschleppt und nicht sofort harte Maßnahmen ergriffen haben. Das könnte in Deutschland nicht passieren.