Halb zerknirscht, halb zufrieden
: Bin ich ein „neuer Vater“?

Was ist ein neuer Vater? Tja. Leider hab’ ich gerade die Definition des Sozialwissenschaftlers Rainer Volz verpasst. Aber ich bin bestimmt auch einer. Schließlich kam ich zu spät, weil ich mein Söhnchen erst noch sorgfältig ins Tragetuch gewickelt habe, um mit ihm zum Institut Français zu radeln.

Mit mir sitzen vier weitere potentielle neue Väter im Vortragssaal (vier davon jenseits der sechzig). Ansonsten scheinen sich eher Frauen für die „das schmale Feld der Väterforschung“ (Volz) zu interessieren. Der Raumeindruck deckt sich mit den Erkenntnissen des Wissenschaftlers. Nämlich: Nur 1,5 Prozent der Väter nutzen ihr Recht auf Elternzeit, wie der Erziehungsurlaub jetzt heißt.

Etwas größer wird meine neue peergroup, wenn man fragt, wie viele Männer eine egalitäre Partnerschaftseinstellung haben – sich also Kindern, Arbeit und Haushalt zu gleichen Teilen wie die Partnerin widmen wollen. Jeder fünfte sei das, verkündet stolz Rainer Volz, was mein Söhnchen prompt zu einem zustimmenden Krähen animiert.

Aber, Obacht: In Sachen Wertevermittlung sollte ich mir nicht zuviele Hoffnungen machen. Der größte Anteil der Egalitären sei nämlich in der Gruppe der 20- bis 40-Jährigen zu finden. Bei den Nachwachsenden hingegen schnappe eine Retraditionalisierungsfalle zu.

Eine weitere bittere Erkenntnis: taz-LeserInnen sind doch nicht die besseren Menschen. Anders ausgedrückt: Die Verteilung der Egalitären innerhalb der Bevölkerung hat nichts mit Bildung oder sozio-ökonomischem Status zu tun.

Was offenbar auch mal gesagt werden muss: Die Frauen sind mit Schuld. Ohne die gäbe es viel mehr neue Männer! Jedenfalls hat Volz erforscht, dass Frauen nur unwillig häusliche Kompetenz abgeben, so dass sich der verhinderte neue Mann alsbald – „halb zerknirscht, halb zufrieden“ – mit der Rolle des Assistenten begnüge. Schon allein wegen unterschiedlicher Sauberkeitsstandards.

Dann noch das Mobbing-Beispiel aus Dänemark: Dort habe man intensiv versucht, Männer in so genannte Frauenberufe zu bringen. Aber die Geburtshelfer etc. seien von den Kolleginnen überhaupt nicht akzeptiert worden! Da wird uns offenbar mit gleicher Münze heimgezahlt.

Und wie ist das alles in Frankreich, mal so zum Vergleich? Keine Ahnung. Der neue Mann kann das Ende nicht abwarten, sondern muss nach Hause – das Kind dürstet es nach dem Urbusen der Natur.

Henning Bleyl

15. März, Arbeitnehmerkammer: Wie vereinbar sind Familie und Beruf in Deutschland bzw. Frankreich?