Tribunal klagt an

In Sierra Leone soll sieben Kriegsherren der Prozess gemacht werden – auch dem inhaftierten Innenminister

NAIROBI/BERLIN dpa/ap/taz ■ Das internationale Kriegsverbrechertribunal in Sierra Leone hat am Montag die ersten Anklagen erhoben. Den sieben angeklagten früheren Kriegsherren werden Gewalttaten, Massenvergewaltigungen, Brandstiftung und Plünderung sowie die Anstiftung zu Folter und Verstümmelung von Zivilisten in der Zeit des Bürgerkrieges von 1991 bis 2000 vorgeworfen.

„Heute haben die Menschen von Sierra Leone die Kontrolle über ihr Leben und ihre Zukunft zurückgewonnen“, sagte der Chefankläger David Crane gegenüber dem britischen Rundfunksender BBC. „Die dunklen Tage der Herrschaft des Gewehrs sind vorbei.“ Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) begrüßte die Anklagen ebenfalls. „Wir beglückwünschen das Gericht zu seinem Mut, Personen anzuklagen, die auf allen Seiten des Konflikts standen“, sagte Peter Takirambudde, der Leiter der afrikanischen Abteilung von HRW.

Von den sieben Angeklagten befinden sich fünf in Haft. Einer von ihnen ist Foday Sankoh, der Führer der Rebellenorganisation RUF. Die Festnahme von vier Personen wurde am Montag von Crane bekannt gegeben. Drei gehören ebenfalls der RUF an, der vierte, Innenminister Sam Hinga Norman, war führendes Mitglied einer Miliz namens Kamajors, die während des Bürgerkrieges die Regierung unterstützte. Norman wird von vielen als Held im Kampf gegen die Rebellen angesehen. Daher befürchtet das Tribunal Unruhen als Reaktion auf sein Vorgehen.

Bislang flüchtig sind der ehemalige Militärherrscher Johnny Paul Koroma, ein Verbündeter der RUF, und Sam Bockarie, ein ehemaliger Rebellenchef. Unter Koroma erlebte Sierra Leone 1997 eine der blutigsten Perioden des Bürgerkrieges. Koroma und Bockarie halten sich vermutlich in anderen westafrikanischen Staaten auf. Crane appelierte an diese Staaten, die Gesuchten auszuliefern.

Das Tribunal ist mit Juristen der UNO und aus Sierra Leone besetzt. Die Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind Teil des Friedensabkommens zur Beendigung des Bürgerkrieges. Das Gericht arbeitet drei Jahre und ahndet Menschenrechtsverletzungen, die sich nach dem 30. November 1996 ereignet haben. B.S.