Neuer Schwung auf der Werft

Die Kieler Traditionswerft Lindenau soll mit Millionen-Kredit der HSH Nordbank über die Runde kommen. Trotz voller Auftragsbücher hatte das Unternehmen wegen Liquiditätsproblemen Insolvenz angemeldet

Politiker in Schleswig-Holstein haben den Millionen-Kredit der HSH Nordbank für die angeschlagene Kieler Traditionswerft Lindenau begrüßt. „Damit gibt es eine reale Chance zum Fortbestehen der Werft und der Arbeitsplätze“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Werner Kalinka. Die Werft sei aus schwerer See gerettet, sagte SPD-Wirtschaftsexperte Bernd Schröder. Die Entscheidung zeige, wie wichtig Landesbanken für die mittelständische Wirtschaft seien.

„Jetzt gibt es die Möglichkeit, wieder Schwung und Perspektive auf die Werft zu bringen“, freute sich der Landtagsabgeordnete und Kieler CDU-Kreischef Thomas Stritzl. Dies sei nicht nur wichtig für die Beschäftigten, sondern auch für den Werftenstandort Kiel in Gänze.

Die HSH Nordbank hatte der Werft am Wochenende einen Kredit von 28 Millionen Euro zugesagt. Bei Lindenau sind rund 370 fest Angestellte und 150 Leiharbeiter beschäftigt. Das Unternehmen hatte im September Insolvenz angemeldet. Die mittelständische Werft war trotz gut gefüllter Auftragsbücher in eine Schieflage geraten. Für die Vorfinanzierung eines im Bau stehenden Tankschiffes stand nicht genügend Geld zur Verfügung. Bedingung für die Kreditlinie sei die kontinuierliche Bauüberwachung durch unabhängige Sachverständige, teilte die HSH Nordbank mit, die gemeinsame Landesbank der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ist.

Die auf Doppelhüllen-Tanker spezialisierte Werft verfügt nach eigenen Angaben über Aufträge von zusammen 225 Millionen Euro. 2007 erwirtschaftete das Unternehmen aber bereits vier Millionen Euro Verlust. Aktuell fehlen rund neun Millionen Euro, um den Bau eines Tankers zu finanzieren. Davon hat das Land 80 Prozent als Bürgschaft übernommen.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) hatte im September den Beschäftigten die „volle Unterstützung“ der Landesregierung zugesichert. Allerdings musste wegen der Beschränkungen des EU-Wettbewerbsrechts auch die Nordbank das Sanierungskonzept akzeptieren.

Bei der 89 Jahre alten Traditionswerft war der Rechtsanwalt Jan H. Wilhelm als Insolvenzverwalter eingesetzt worden. Gewerkschaftsangaben zufolge stellte er nach seinem Amtsantritt im September einen hohen Modernisierungsbedarf bei den Arbeitsabläufen und der Organisation des Unternehmens fest.

Inzwischen wurde das frühere Vorstandsmitglied der Howaldtswerke/Deutsche Werft (HDW) in Kiel, Dieter Görlitz, aus dem Ruhestand geholt. Der erfahrene Manager soll die Produktion des Unternehmens neu und effektiver organisieren. Hauptgesellschafter Dirk Lindenau, Enkel des Firmengründers, ist nur noch für Verkauf und Vermarktung zuständig.

Betriebsrat und Gewerkschaft haben der Unternehmensleitung Unterstützung zugesichert, weil diese sich „stets fair und offen gezeigt hat“, wie der Kieler IG-Metall-Chef sagte. Er zitierte Insolvenzverwalter Wilhelm mit den Worten, es gäbe „keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken“.

Nicht zuletzt deshalb, weil die Werft noch im August eine innovative Neuheit vom Stapel ließ. Das Transportschiff „E-Ship 1“ verfügt zusätzlich zum konventionellen Schiffsmotor über vier Segelrotoren. Die 25 Meter hohen Metallzylinder helfen Sprit zu sparen. SVEN-MICHAEL VEIT