Eine Champions League der Universitäten

Ein Dutzend Unis hat sich zur „Liga der europäischen Forschungsuniversitäten“ zusammengeschlossen. Oxford, Cambridge & Co. wollen Brüssel dazu bewegen, mehr Geld für die Grundlagenforschung lockerzumachen. Und den Top-Unis der USA Paroli bieten. Heidelberg und Münchens LMU mit dabei

„Wir wollen den USA in der Forschung etwas entgegensetzen“

von HENK RAIJER

Die Initiatoren aus Leiden und Löwen wollten etwas ganz Einfaches: herausfinden, wer die besten europäischen Unis sind. Sie testeten daher 40 europäische Hochschulen mit einem gewissen Ruf in mathematischen, naturwissenschaftlichen und biomedizinischen Disziplinen. Sie überprüften die Qualität und Relevanz ihrer Forschungsarbeit. Auf Basis der Zitatanalyse-Methode und weiterer Leistungsindikatoren ließen sich daraus 12 Universitäten destillieren – die nicht nur in der Forschung die Nase vorn haben, sondern auch in Sachen Wissensvermittlung und Nachwuchsförderung die besten Ergebnisse erzielen. Hintergrund des Rankings ist das Bestreben, hochwertige Forschung in den Universitäten zu stärken und Kräfte zu bündeln.

Zu den auserwählten Top-Universitäten, die sich anschließend zur „League of European Research Universities“ zusammenschlossen, gehören neben Leiden und Löwen die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, die Universitäten von Edinburgh, Genf, Mailand, Helsinki und Straßburg, die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Stockholm, Oxford und Cambridge. Selbst gestellte Aufgabe der 12 qualitäts- und leistungsorientierten Universitäten ist es, „Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft vom vitalen Zusammenhang zwischen Forschung und Lehre zu überzeugen“. Auf Deutsch wollen sie das betreiben, was in den USA selbstverständlich ist: Lobbying für die Wissenschaft.

Professor Douwe Breimer (59), Rektor der Universität Leiden und Hauptinitiator der League: „Was die 12 Mitglieder auszeichnet, ist die Erkenntnis, dass das Zusammengehen von Forschung und Lehre in ein- und derselben Institution essenziell ist.“ Die Massenuniversität biete zwar zweifellos vielen eine gute Ausbildungschance. Sie berge aber gleichzeitig die Gefahr, dass sich Hochschulen gezwungen sehen, ihr gesamtes Potenzial in die Lehre zu investieren – und darüber die Forschung zu vernachlässigen, findet Breimer.

Der Leidener Rektor bedauert, dass die Politik dazu tendiere, die Universität als reine Ausbildungsstätte zu betrachten und in ihrem Budget entsprechend zu veranschlagen. Da auch die EU nur jene Forschung alimentiere, die von direktem Nutzen für die Privatwirtschaft sei, lautet seine Schlussfolgerung, „müssen sich die Universitäten auf hohem Niveau behaupten“. Die Grundlagenforschung sei die „Quelle jedweder Innovation in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur“ – besonders in einer Welt, „in der sich neue Ideen und Technologien rasant entwickeln“.

Die Auswahl ist keine Festlegung für die Ewigkeit. „Die 12 sind schließlich nicht die einzigen Top-Unis in Europa“, stellt der Pharmakologe Breimer freimütig fest. Die neue League will kein Klub von Eliteunis sein – auch wenn ihr der Ruf eines exklusiven Zirkels vorauseilt.

Breimers Ziel ist die Konkurrenz mit den Amerikanern. „Wir wollen den USA auf wichtigen Forschungsgebieten etwas entgegensetzen. Nur indem wir die Messlatte hoch anlegen, können wir mit öffentlichen Universitäten wie Berkeley, Ann Harbor, Austin oder San Diego konkurrieren.“ Das geht nur mit einer Interessensgruppe Gleichgesinnter, die die eigene Leistungsfähigkeit steigern wollen.

Die amerikanischen Unis, die laufend Nobelpreisgewinner produzieren und oftmals Talente aus Europa abwerben, haben jährlich pro Student fünfmal so viel Geld zur Verfügung wie die Partner in Europa. Daher will die League die EU dazu bringen, Fonds einzurichten, um die Interaktion zwischen Forschung und Lehre gezielter zu unterstützen und den Austausch von Wissenschaftlern zu fördern. Nicht zufällig hat man sich daher entschlossen, den Generalsekretär der League im belgischen Löwen anzusiedeln – also nahe Brüssel.

Wettbewerb und Leistungsorientierung, so das Credo der League, sind für die Zuweisung von Mitteln ein Erfolgsgarant. Das glaubt auch Professor Bernd Huber (43), Rektor der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. „Im Vergleich mit den USA stehen wir nicht gut da“, moniert der Finanzwissenschaftler. „Mit anwendungsbezogener Forschung allein lässt sich der Standort Europa nicht sichern. Grundlagenforschung ist wichtig. Da müssen wir besser werden, in der Zusammenarbeit mit den Partnern der League Leistungsstandards neu definieren.“ Huber, der, wie er betont, nicht dem Konzept der Eliteuniversität das Wort reden möchte, plädiert für eine Teilung der Uni-Ausbildung in einen breiten Sektor für die Mehrheit und einen Postgraduierten-Level für eine kleine Gruppe der Besten.

Für die Uni Leiden bildet neuerdings das Bachelor-Masters-Programm (BaMa), das im September an holländischen Hochschulen neu eingeführt wurde, eine extra Motivation. Mit BaMa will sich Holland internationalen Ausbildungsstandards angleichen, Titelkompatibilität herstellen und Studierenden die Chance bieten, ohne Zulassungsprüfungen etwa von Leiden nach Oxford zu wechseln. Nach einer dreijährigen Bachelor-Phase, während der auf Holländisch unterrichtet wird, absolvieren Studierende einen 1–2-jährigen Master-Kurs, der auf Englisch erfolgt. Nur so und durch frühe Heranführung der Studenten an die Forschung, sagt Professor Breimer, sei horizontale Mobilität gewährleistet.

Alle drei bis vier Monate kommen Douwe Breimer, Bernd Huber und die anderen zehn Rektoren zum Ideenaustausch zusammen, in der Zwischenzeit trifft sich der Leidener Professor schon mal mit einem Kollegen zum bilateralen Plausch. Konkrete Projekte gebe es noch nicht, räumt Breimer ein. „Dazu arbeitet der Brüsseler Apparat einfach zu träge.“