Dubioser Hotelverkauf in Kenia

Weil er das Grand Regency weit unter Wert verkaufte, muss der Finanzminister gehen

NAIROBI taz ■ Der güldene Innenhof glänzt im Licht der Kristalllüster, ein Wasserfall rauscht, sanft schwebt Pianomusik durch den Raum: Im Grand Regency, dem teuersten Hotel Kenias, wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Hier übernachten Diplomaten, Chefs von Hilfsorganisationen und Reisegruppen, die sich etwas Besonderes gönnen wollen. Der zwölfstöckige Bau, der sich direkt am Rand von Nairobis Innenstadt erhebt, ist meistens ausgebucht. Mit Luxus, so scheint es, lässt sich in Kenia auch ein halbes Jahr nach den Unruhen mit mehr als tausend Toten noch Geld verdienen. Umso erstaunlicher, dass Kenias Zentralbank, die das Hotel seit einigen Jahren zwangsverwaltet, es gerade zu einem Spottpreis verkauft hat. Seit zwei Wochen stellt sich die Bevölkerung im korruptionsgewöhnten Land deshalb nur eine Frage: Wer hat von dem Deal profitiert?

Niemand hat sich so verdächtig gemacht wie Kenias Finanzminister Amos Kimunya, der am Dienstag seinen Hut nahm: „Ich habe Präsident Mwai Kibaki gebeten, meinem Rücktritt zuzustimmen, um eine Untersuchung zu ermöglichen.“ Da hatte Kibaki selbst seinem engen Verbündeten erklärt, er müsse das im Parlament verabschiedete Misstrauensvotum wohl oder übel akzeptieren. Zuvor hatte Kimunya, der alle Transaktionen der Zentralbank absegnen muss, wochenlang Berichte über den Hotelverkauf zurückgewiesen. Vor zwei Wochen dann erklärte Kimunyas Kabinettskollege, Landminister James Orengo, das Hotel sei verkauft – für umgerechnet 19 Millionen Euro. Wenig später gab Kimunya den Deal zu, behauptete allerdings, man habe 29 Millionen eingenommen. Beides liegt weit unter dem Schätzpreis von mindestens 90 Millionen Euro. Während Kimunya von libyschen Käufern sprach, enthüllten Zeitungen, das angeblich libysche Konsortium werde von zwei Kenianern geführt. Solche Briefkastenfirmen haben Tradition: Kimunyas Vorgänger musste wegen seiner Verwicklung in das Scheinunternehmen Anglo Leasing gehen, das Millionenbeträge für niemals produzierte Personalausweise kassierte. Der damalige Korruptionsbeauftragte John Githongo sprach von Verbindungen bis in den Präsidentenpalast – und musste später aus Angst um sein Leben ins Exil nach London fliehen.

Kimunya selbst sieht sich in der ersten Korruptionsaffäre der großen Koalition als Bauernopfer und verlangte zuletzt, auch Premierminister Raila Odinga, zu dessen Partei Orengo gehört, müsse wegen seiner Mitwisserschaft zurücktreten. Doch dafür gibt es keine Beweise. Die Größe des Geschäfts spricht jedoch dafür, dass auch andere an den Schaltstellen der Macht an dem Deal beteiligt waren. Dass das mehrheitlich als korrupt geltende Parlament Kimunya so einheitlich verurteilt, hat vermutlich andere Gründe. Kimunya forderte kürzlich, die steuerfreien Zulagen der Abgeordneten in Höhe von mehreren zehntausend Euro pro Kopf zu besteuern – und stellte die Erlöse gleich im Haushalt ein. MARC ENGELHARDT