die taz vor 10 jahren
: Israel und Palästina

Der Friedensprozeß gleicht einem alten VW Käfer. Er läuft und läuft und läuft. Aber Richtung und Ziel hat er längst verloren. Die Basis der Oslo-Vereinbarungen lautete „Land gegen Frieden“. Doch davon will die israelische Regierung nichts wissen. Doch auch wenn ihm nichts lieber wäre, einfach aufkündigen kann Ministerpräsident Netanjahu die Oslo-Vereinbarungen nicht. Also macht er sich die alte Likud-Taktik zu eigen, Verhandlungen um der Verhandlungen willen zu führen und Kompromisse anzubieten, die im Grunde keine sind. So wird die Freigabe des längst fertigen Flughafens im Gazastreifen als eine Großtat israelischer Entwicklungshilfe für die rezessive palästinensische Wirtschaft verkauft. Oder die Eröffnung eines Industrieparks zum nennenswerten Fortschritt erklärt. Chuzpe, nichts als Chuzpe.

Doch können Ergebnisse dieser Art nicht mehr darüber hinwegtäuschen, daß die US-Regierung versagt hat. Bis jetzt hat sie es nicht einmal gewagt, ihren eigenen Vorschlag über einen 13prozentigen Rückzug Israels öffentlich zu machen. Und das, obwohl sie Präsident Arafat bereits genötigt hat, diesem Kompromiß zum Kompromiß zuzustimmen. Netanjahu auch nur den Anschein von Flexibilität abzuringen hingegen mißlang. Die Crux aller derzeitigen „Kompromisse“ ist es, daß Arafat vor seinem eigenen Volk demontiert wird, und zwar durch Netanjahu und Albright. Wenn Arafat den Palästinensern nicht wenigstens die Aussicht auf Eigenstaatlichkeit bieten kann, ist seine historische Rolle überholt, die Stunde der islamischen Hamas gekommen.

Georg Baltissen, taz vom 6. 5. 1998