Taxifahrer sitzt, Fahrgäste frei

Flensburger Taxifahrer protestieren am dänischen Grenzübergang Padborg gegen die Verhaftung eines Kollegen durch die dänische Polizei. Der Mann hatte afghanische Fahrgäste über die Grenze gefahren, die keine Ausweispapiere hatten

Am 14. Dezember 2007 stoppte die deutsche Bundespolizei in Puttgarden ein Taxi, dessen iranischer Fahrer zwei Afghanen über die Grenze befördern wollte, die ebenfalls keine Ausweispapiere bei sich hatten. Wie die Ermittlungen ergaben, waren die beiden 17 und 18 Jahre alt und wollten nach Göteborg. Mit dem Fahrer hatten sie ein Beförderungsentgelt von 1.200 Euro ausgemacht – „ein erhöhtes Entgelt, das hat der Fahrer selbst zugegeben“, sagt der Sprecher der Bundespolizei in Schleswig-Holstein, Matthias Menge. Die Bundespolizei sichere sowohl be- als auch entlastendes Beweismaterial, grundsätzlich könne jedoch „jede Hilfeleistung zu unerlaubtem Aufenthalt als Beihilfe ausgelegt werden“, warnt Menge. Davon zu unterscheiden sei die Schleusung. Sie liege vor, wenn mehrere Personen gegen Entgelt ins Schengen-Ausland gebracht würden. Sie sei ein eigener Straftatbestand und wirke sich strafverschärfend aus. TAZ

VON DANIEL WIESE

Taxifahrer aus Flensburg haben gestern die deutsch-dänische Grenze bei Padborg blockiert. Sie protestierten damit gegen die Verhaftung eines Kollegen, der seit einer Woche in dänischer Untersuchungshaft sitzt. Er hatte drei afghanische Fahrgäste über die Grenze gefahren, die keine Ausweispapiere hatten.

Ursprünglich hatten die Taxifahrer eine komplette Blockade des Grenzübergangs erwogen. Nach Hinweisen der Polizei, dass sie damit den Straftatbestand der Nötigung erfüllen könnten, ließen die etwa 50 Taxifahrer in jeder Richtung eine Spur frei und begnügten sich mit einem Hupkonzert.

Die Verhaftung des Kollegen sei „eine himmelschreiende Ungerechtigkeit“, heißt es aus der Taxizentrale in Flensburg, bei der der inhaftierte Taxifahrer arbeitet. Nirgendwo stehe geschrieben, dass Taxifahrer zur Ausweiskontrolle verpflichtet sind. Den Taxifahrern sei dies auch nicht zuzumuten. „Wenn dunkle Gestalten einsteigen, und wir fragen nach dem Ausweis, woher wissen die, dass die nicht ein Messer ziehen?“

Der inhaftierte Fahrer hatte seine Fahrgäste in der Flensburger Innenstadt aufgenommen und ins dänische Padborg gefahren, von wo es weiter nach Kopenhagen gehen sollte. Kurz hinter der Grenze war er von der dänischen Polizei gestoppt worden. Kurz zuvor hatte er noch per Handy in der Taxizentrale nachgefragt, was eine Fahrt nach Kopenhagen kostet – für die Inhaberin des Taxiunternehmens, seine Mutter, ein Beweis seiner Unschuld. „Wenn es Vorsatz gewesen wäre, hätte er sich dann nach dem Preis für die Fahrt erkundigt?“, sagte sie dem Flensburger Tageblatt.

Doch die Frage, ob er wusste, was er tat, scheint für die dänische Justiz nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Zu erwarten sei eine Haftstrafe von 50 Tagen, sagt Lars Nauheimer, der dänische Anwalt des Taxifahrers. „30 Tage für die erste eingeschleuste Person plus zehn für jede weitere.“ Das seien die normalen Strafen für Schleuserei ohne Bereicherung. Andernfalls würde die Haftstrafe doppelt so hoch ausfallen.

Es ist nicht Lars Nauheimers erster Fall. Bereits im Dezember verteidigte der Anwalt einen türkischen Taxifahrer aus Hamburg, der einen Iraner und zwei Afghanen ins dänische Kolding gefahren hatte – unter Tarif, für 300 Euro. Seine Fahrgäste hatten angegeben, in Dänemark zu wohnen – wie sich bei der Vernehmung durch die dänische Polizei herausstellte, war das falsch. Der Mann wurde vom Stadtgericht Sønderborg zu 50 Tagen Haft verurteilt, die er derzeit absitzt.

„Die Dänen sind da wohl recht rigoros“, sagt die Flensburger Staatsanwältin Erika Bohn, die auf der deutschen Seite der Grenze für Schleuser-Delikte zuständig ist. Für dieselben Fälle, für die es in Dänemark Haftstrafen gebe, würden bei ihr oft nur Geldstrafen verhängt.

Allerdings müssten sich Taxifahrer auch nach deutschem Recht gut überlegen, wen sie befördern. Der Verdacht spreche zunächst dafür, „dass ein Taxifahrer weiß, dass seine Fahrgäste Ausweislose sind“, sagt die Staatsanwältin. Schließlich handele es sich meistens um dunkelhäutige Fahrgäste, die den Taxifahrer „irgendwo in der Stadt“ oder „auf der grünen Wiese“ ansprechen würden.

Könne er wissen, dass es sich um Menschen ohne Ausweise handele, mache sich der Taxifahrer der „Beihilfe zum illegalen Aufenthalt“ schuldig. Dabei spiele es keine Rolle, ob er die Leute über die Grenze fahre oder nur in der Gegend herumkutschiere. Es reiche aus, dass er sie in sein Taxi steigen lasse.

Für den dänischen Anwalt des inhaftierten Fahrers aus Flensburg bleiben trotzdem noch Fragen offen. Sein Flensburger Mandant habe ebenso wie der türkische Taxifahrer aus Hamburg „normales Taxi-Business“ betrieben, sagt Lars Nauheimer. Die dänischen Gerichte müssten sich fragen lassen, wo die Grenze sei. „Was ist mit Busfahrern, sollen die auch die Pässe kontrollieren? Und was ist mit dem Zugpersonal?“ Das sei noch nie verhaftet worden, wenn Passagiere ohne Ausweise aufgegriffen wurden.

Das möchte der Sprecher der Bundespolizei in Schleswig-Holstein, Matthias Menge, so nicht stehen lassen. Busse und Züge seien „regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel mit festen Routen, wo man ein- und aussteigen kann“, dort würden andere Regeln gelten. Taxifahrer dagegen gingen ähnlich wie Fluggesellschaften einen Vertrag mit dem Beförderten ein. „Das ist etwas anderes“, sagt Menge. Die Bundespolizei habe die Taxifahrer mehrfach darauf hingewiesen, dass sie sich die Ausweise zeigen lassen sollten. Auch wenn an der Grenze nicht mehr kontrolliert werde, bestehe nach wie vor Ausweispflicht.

Unterdessen wartet der Taxifahrer aus Flensburg auf die Hauptverhandlung am 21. Januar. Seine Fahrgäste haben nach Informationen der Flensburger Taxizentrale Asylantrag in Dänemark gestellt und sind wieder freigelassen worden.