Und immer wieder Shakespeare

ROMEO UND JULIA Der Hamburger Regisseur Klaus Schumacher inszeniert Shakespeares Klassiker über Liebe und Tod am Deutschen Schauspielhaus. Alles werde neu sein, sagt er. Die Bilder, die Musik, das Ensemble, die Intensität

■ seit 2005 Leiter des „Jungen Schauspielhauses“ in Hamburg. 2006 erhielt er den Preis „Der Faust“ als bester Kinder- und Jugendtheaterregisseur  Foto: dpa

VON JOHANN TISCHEWSKI

taz: Herr Schumacher, der Klassiker „Romeo und Julia“ wird im Deutschen Schauspielhaus Premiere haben. Was wird den Zuschauer bei Ihrer Version noch überraschen?

Klaus Schumacher: Die Macht der Liebenden. Wir alle sehnen uns nach einem Moment, in dem der Tod angesichts der Liebe, also in einem sehr lebendigen Zustand, seinen Schrecken verliert. Romeo und Julia erreichen diesen Moment. Sie werden gelassen gegenüber dem Ungewissen. Das verleiht ihnen eine unglaubliche Kraft, die alles und alle an ihnen abprallen lässt.

Soweit zur Handlung von Romeo und Julia. Aber was wird das Neue an Ihrer Inszenierung sein?

Alles wird neu sein: Die Bilder, die Musik, das Ensemble, die Intensität.

Das trifft ja auf jede Neuinszenierung zu. Wie aber wird sich Ihre Inszenierung von anderen Inszenierungen desselben Stoffes unterscheiden?

Das Beziehen auf andere Inszenierungen ist doch uninteressant. Eine Neuinszenierung setzt den Stoff schon deshalb in einen neuen Kontext, weil sich die Zeit ständig verändert. Nicht der Verweis auf den Macher, sondern auf die Geschichte und ihre Themen ist doch das Spannende. Ich muss bei Shakespeare keine Floskeln aus der Gegenwartssprache in den Text einfließen lassen, um den Zuschauer begreifen zu lassen, dass das Stück auch mit ihm zu tun hat. Die Lust, mit Abstraktion und einer artifiziellen Zeichensprache umzugehen, ist beim Publikum viel größer als viele annehmen.

Kann man sagen, dass sie werktreu inszenieren?

Der Begriff gefällt mir zwar nicht. Aber ja, ich würde schon sagen, dass ich weniger als andere Regisseure darauf bedacht bin, unbedingt originell zu sein. Ich wäre schon zufrieden, wenn man uns – damit meine ich das Ensemble, das künstlerische Team und mich – in dem, was wir versuchen, erkennt.

Können Sie dann vielleicht Daniel Kehlmanns Kritik am Regietheater nachvollziehen?

Nein, in der Form sicher nicht. Natürlich gibt es unglaublich viele missglückte Theaterabende. Aber es gibt auch mindestens so viele tolle Abende, die in ihrer Divergenz klar machen, dass es beim Theater, um etwas anderes geht als um das bloße Adaptieren von Autorentexten. Ich denke, dass das Theater ein Versuchsraum bleibt.

Warum wollten Sie sich gerade an Romeo und Julia versuchen?

Es geht bei dem Stück um die beiden essentiellen Dinge im Leben: die Liebe und den Tod. Die Liebe entsteht hierbei nur im Angesicht des Todes und der Tod wird erst plastisch im Angesicht der Liebe. Irgendwann gibt es diesen Moment, in dem Romeo sagt: „Willkommen, Tod, denn Julia will es so.“ Von da an ist der Weg in den Tod geebnet. Wir geben dem in unserem Stück sehr viel Raum.

Wie haben Sie es vollbracht zwischen den Schauspielern, die Romeo und Julia spielen, eine glaubhafte Liebe auf der Bühne entstehen zu lassen?

Vor allem durch die Besetzung. Aleksandar Radenkovic und Julia Nachtmann sind Schauspieler mit einer enormen Intensität. Das war eine ganz wichtige Voraussetzung.

Sie haben bereits „Was ihr wollt“ und „Hamlet“ inszeniert, jetzt „Romeo und Julia“. Folgt als nächstes etwa „King Lear“ oder „A Midsummer Night’s Dream“?

Nach so viel Shakespeare in den letzten eineinhalb Jahren freue ich mich zunächst, wieder ein zeitgenössisches Werk auf die Bühne zu bringen. Aber Shakespeares Stücke erwischen einen immer neu. Hier verbraucht sich nichts.

„Romeo und Julia“, mit Aleksandar Radenkovic und Julia Nachtmann, Premiere: 16. Januar 2010, ab 20 Uhr, Deutsches Schauspielhaus in Hamburg