Flüchtlingskrise in Asien

ROHINGYA Immer mehr Menschen aus Myanmar suchen Hilfe bei Schleppern, die sie nach Malaysia, Indonesien oder Australien bringen sollen

Thailands Militärjunta ließ wissen, sie werde gegen Schlepper-Syndikate vorgehen. Malaysias Polizei will die 1.000 Bootsflüchtlinge von Lankawi in ein Internierungslager stecken

VON NICOLA GLASS

BANGKOK taz | Sie fliehen auf Seelenverkäufern – manche von ihnen wochenlang zusammengepfercht im Bauch alter Holzkähne. Sie hoffen auf ein Leben ohne Diskriminierung und Not in einem Land der Region, das ihnen Zuflucht gewährt: Tausende Männer, Frauen und Kinder treiben derzeit hilflos zwischen Myanmar, Bangladesch und den indonesischen Inseln auf dem Meer.

Hilfsorganisationen schlagen Alarm: Die Zahl der Bootsflüchtlinge steige täglich. Es könnte sich sogar um mehr als die bislang angegebene Zahl von 8.000 Menschen handeln, sagte Jeff Labovitz, Chef des Thailand-Büros der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Dienstag in Bangkok.

Mehrheitlich handle es sich dabei um Angehörige der Rohingya-Volksgruppe, die im März und April aus ihrer Heimat im Nordwesten Myanmars (Birmas) geflohen sind. Die Rohingyas sind Muslime, die im überwiegend buddhistischen Myanmar nicht als ethnische Minderheit anerkannt sind.

Viele Rohingyas haben keinen Pass und keine Identitätskarten, da die Behörden sie nicht als Staatsbürger betrachten, auch wenn ihre Familien bereits seit Generationen in der Region leben. Die Ansicht ist verbreitet, dass es sich um illegale Einwanderer handele, die aus dem benachbarten Bangladesh stammten. Die Lage im birmesischen Bundestaat Rakhine ist gespannt, immer wieder kam es in den letzten Jahren zur Gewalt gegen die Rohingyas.

Nach Informationen von Chris Lewa, der Leiterin der Organisation Arakan Project, die sich für die Rechte der Rohingyas einsetzt, haben viele der jetzt auf See treibenden Flüchtlinge Myanmar bereits im März und April verlassen, Dutzende seien auf See gestorben.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass Indonesiens Marine am Montag ein Boot mit 400 Flüchtlingen zurück aufs offene Meer geschleppt habe. Ein Sprecher der Seestreitkräfte erklärte dazu, man habe die Passagiere zuvor mit Nahrung, Wasser, Medikamenten und Treibstoff versorgt. Die indonesische Marine rechtfertigte dies damit, dass die Flüchtlinge gar nicht nach Indonesien gewollt hätten.

Vivian Tan, Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks in Bangkok, äußerte sich besorgt. Wiederholt hätten Überlebende über die „äußerst prekären“ Bedingungen während ihrer lebensgefährlichen Überfahrten berichtet.

Unterdessen hat Thailand für Ende Mai einen Flüchtlingsgipfel angekündigt: Teilnehmen sollen Vertreter aus den Nachbarstaaten sowie internationaler Organisationen, um sich mit der derzeit „beispiellosen Krise“ auseinanderzusetzen. Zuvor hatte Thailands Militärjunta verlautbaren lassen, sie werde gegen Schlepper-Syndikate vorgehen. Dies ist eine Reaktion auf einen grausigen Fund vom Anfang Mai: Damals waren in der südlichen Provinz Songkhla Massengräber entdeckt worden, in denen Dutzende zumeist schon verweste Leichen lagen.

Die Behörden vermuteten, dass es sich dabei vor allem um Rohingya-Flüchtlinge gehandelt habe, die von Schleppern in illegalen Camps gehalten und ermordet oder durch Krankheiten ums Leben gekommen waren. Menschenrechtler kritisieren Thailands Razzien gegen Schlepper insofern, weil diese die Bootsflüchtlinge dann auf See festhalten oder sie ihrem Schicksal überlassen würden

Allein seit Sonntag sind an den Küsten Malaysias und Indonesiens etwa 2.000 Bootsflüchtlinge gestrandet oder auf See gerettet worden. Malaysias Polizei hatte die mehr als 1.000 Bootsflüchtlinge, die am Montag vor der malaysischen Insel Langkawi ausgesetzt worden waren, festgenommen und erklärt, dass sie diese in Internierungslager schicken werde.

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