PÄDOPHILIE, GRÜNE
: Die dunklen Schachteln der Institution

Der Bericht gibt Anlass zur Scham – und dazu, Verantwortung zu übernehmen

Sie schäme sich für das „institutionelle Versagen“ ihrer Partei, sagte am Mittwoch die Vorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, als sie den Bericht ihres Landesverbands zu pädophilen Verwicklungen vorlegte. Anlass zur Scham gibt der 90-seitige Bericht allemal: Auf Berlin als Epizentrum der Pädosexuellenbewegung konzentriert, wird anschaulich, was Göttinger Parteiforscher zuvor eher abstrakt im Auftrag der Bundes-Grünen dokumentierten. Seit ihren Anfangstagen als Alternative Liste waren die Berliner massiv von pädosexuellen Lobbygruppen unterwandert. Eine unappetitliche Berliner Besonderheit: Mindestens zwei einschlägig vorbestrafte Täter waren in der Partei als Pädolobbyisten aktiv. Gestoppt hat sie niemand. Man tolerierte diese „Minderheit“ und schaute weg. Dabei war, wie der Bericht beweist, schon in den Achtzigern bekannt, dass grüne Aktivisten Teil eines Netzwerks von Pädokriminellen waren, die in Kreuzberg und Wedding Kinder missbrauchten. Grünen-Frauen, die auf den Skandal aufmerksam machten, hatten es schwer.

Immer wieder fällt nun der Begriff Institutionenverantwortung. Die Frage, die sich die Grünen mit neuer Dringlichkeit stellen müssen, lautet: Übernimmt die Partei Verantwortung für die Opfer des als Schülerfreizeittreffs getarnten Missbrauchsorts Falckensteinkeller in Kreuzberg – angemietet durch einen Grünen? Und ist die Partei auch für Taten verantwortlich, die durch Parteibroschüren wie „Ein Herz für Sittenstrolche“ (1983) ideologisch legitimiert wurden? Was auf Freizeitfahrten der obskuren Parteiuntergruppe Jung und Alt (1992–1995) passierte, sei eine „Blackbox“, sagen die Aufarbeitungsexperten. Doch so lange sind die Neunziger noch nicht her. Es wird Zeit, auch noch die letzten dunklen Schachteln der Parteigeschichte zu öffnen. Das ist Institutionenverantwortung. NINA APIN