„Das kann ich auch nicht erklären“

STELLUNGNAHME Auf der Pressekonferenz am Montagvormittag zur Causa Mansur machte die Bundesregierung keine gute Figur

BERLIN taz | Die Pressekonferenz dauerte noch keine zehn Minuten, als der Sprecher des Justizministeriums nicht mehr weiterwusste. Ein fragender Blick zu seinem Kollegen vom Innenministerium, ein ratloser Blick in die Akten auf seinem Tisch, dann musste er bekennen: „Das kann ich auch nicht erklären.“

Eine gute Figur machte die Bundesregierung in der Causa Mansur am Montagvormittag nicht. Noch war der ägyptische Journalist nicht auf freiem Fuß, noch saß er in einer Zelle in Berlin-Moabit, und das schon seit knapp zwei Tagen. Wie er dort hineingeraten war, konnte die Regierung aber auch über 30 Stunden nach der Festnahme nicht schlüssig erklären: Interpol habe vor Monaten ein Fahndungsersuchen übermittelt, hatte der Sprecher des Justizministeriums zunächst behauptet. Interpol bestreitet das, wandte ein Journalist ein. „Das kann ich auch nicht erklären“, musste der Sprecher daraufhin also zugeben.

Nach Mansurs Freilassung wird er am Nachmittag aufgeatmet haben. Und nicht nur er: Der Fall des ägyptischen Journalisten brachte übers Wochenende die gesamte Bundesregierung in eine schwierige Situation. Nicht nur die Opposition, sondern auch die eigenen Leute störten sich an der Festnahme: Deutschland dürfe sich nicht „zum Handlanger einer politisch kontrollierten ägyptischen Justiz machen“, sagte zum Beispiel der SPD-Abgeordnete Niels Annen im Gespräch mit Spiegel Online.

Nun ist es nicht so, dass die Situation in Ägypten Kanzleramt und Außenministerium komplett kalt ließe. Präsident al-Sisi versprach bei seinem Berlin-Besuch Anfang Juni keine Verbesserungen, zuletzt fielen in Ägypten sogar neue Todesurteile. „Unsere Einschätzung der ägyptischen Justiz hat sich in den letzten Monaten weiterentwickelt“, hieß es daher am Montag aus dem Auswärtigen Amt.

Verärgern wollte die Bundesregierung ihre Freunde in Kairo aber auch nicht: Als eines von wenigen Ländern in der Region hat Ägypten momentan eine stabile Regierung zu bieten. Deswegen sieht Berlin die Ägypter als Partner an, die man nicht mit einem klaren Machtwort („Wir werden Mansur auf keinen Fall …“) vor den Kopf stößt.

Die Entscheidung überließ die Bundesregierung stattdessen der Staatsanwaltschaft. Sollte sich al-Sisi trotzdem beschweren, kann sie ihn an seine eigenen Worte erinnern: In Berlin hatten ihn Journalisten nach Todesurteilen in Ägypten gefragt. „Wir respektieren die Justiz“, sagte al-Sisi damals. TOBIAS SCHULZE