Autobrandstiftungen in Berlin: Meistens unpolitisch

Der Verfassungsschutz-Ausschuss beschäftigt sich mit brennenden Autos. Innensenator Geisel: Nur ein Viertel aller Fälle mit politischem Hintergrund.

Wenn das Auto richtig brennt, ist es meist zu spät Foto: dpa

In der Nacht brennen in Berlin acht Autos – schon am Folgetag diskutiert der Verfassungsschutz-Ausschuss darüber. Was nach kurzer Reaktionszeit aussieht, hatte im vorliegenden Fall aber einen langen Vorlauf. Schon vor Wochen hatte die CDU das Thema angemeldet: Welche Erkenntnisse hat der Verfassungsschutz über Brandanschläge von Linksextremisten auf Autos?

Brandanschläge und Linksextremismus – Konservative können diese beiden Dinge nur zusammen denken. Auch der frühere CDU-Innensenator Frank Henkel war da ein Experte. Und wenn ein Abgeordneter des linken politischen Lagers das hinterfragt, ist dieser in den Augen der Schwarzen ein Sympathisant.

Das Problem ist nur: Die Nummer zieht nicht mehr, seit die Stadt von einem rot-rot-grünen Bündnis regiert wird und mit Andreas Geisel (SPD) einen Innensenator stellt, der zu differenzieren vermag. Brandstiftungen an Autos seien „nicht nur“ eine Aktionsform von militanten Linksextremisten, sagte Geisel am Mittwoch im Verfassungsschutzausschuss. In den letzten zehn Jahren habe es pro Jahr zwischen 200 und 400 Brandstiftungen gegeben. „Die überwiegende Zahl ist nicht politisch motiviert“ – lediglich bei rund einem Viertel aller Fälle sei von einer politischen Motivation auszugehen. Von diesen Fällen gehe der überwiegende Teil auf das Konto des linksextremistischen Spektrums. In Neukölln allerdings habe es in jüngster Zeit auch vermehrt Anschläge gegeben, die auf einen rechtsextremistischen Hintergrund hindeuteten.

Rechtsextremisten, die Autos anzünden? Wie Geisel zu dieser Annahme komme, fragte der AfD-Abgeordnete Ronald Gläser, der zum nationalkonservativen Flügel seiner Partei gehört. Fahrzeuge mit linksgerichteten Aufklebern würden kaum von Linksextremisten attackiert, antwortete Geisel. Bei der letzten Sitzung des Verfassungsschutzausschuss hatte er ausführlich über das rechtsextremistische Netzwerk „Freie Kräfte“ informiert, das insbesondere in Süd-Neukölln aktiv sei. Aus diesem Spektrum seien seit dem Sommer 2016 rund 20 Straftaten zu verzeichnen, darunter Kfz-Brandstiftungen. Auch das Auto einer SPD-Politikerin und Gruppenleiterin bei der Jugendorganisation Die Falken wurde angezündet. Das Vereinsheim der Falken war 2011 durch einen Brandanschlag komplett zerstört worden.

Der Fall des islamistischen Moscheevereins Fussilet in Berlin ist mit dem Verbot vom Dienstag für die Sicherheitsbehörden nicht erledigt. Innensenator Andreas Geisel (SPD) kündigte am Mittwoch an, dass die Polizei nun die Geldbewegungen des Vereins in den vergangenen sechs Monaten untersuchen werde. So wolle man weitere Beteiligte und Kontaktleute des Vereins, der unter anderem die Terrormiliz „Islamischer Staat“ unterstützte, herausfinden.

Geisel betonte im Ausschuss für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses weiter, dass mit dem Verbot auch die Bildung von Ersatz- oder Nachfolgeorganisationen etwa im Form neuer Moscheevereine untersagt seien. Darauf würden die Behörden sorgfältig achten. „Die Sicherheitsbehörden werden die salafistische Szene weiterhin im Fokus behalten.“ Dabei, so Geisel, gehe es auch um andere Vereine, die Ermittlungen seien aber verdeckt. (dpa)

Anschläge von Linksextremisten ließen sich „ganz gut“ auf diese zurückführen, sagte Geisel. Zum Teil ergebe sich das aus Bekennerschreiben oder aus Firmenaufschriften auf den Fahrzeugen. Deshalb werden auch hinter den Anschlägen auf sechs Ford Fiesta der Firma Securitas, die am Dienstag brannten, Linksextremisten vermutet. In den Bekennerschreiben habe 2016 die Begründung „Kampf gegen Gentrifizierung“ dominiert. Einen konkreten Tatnachweis zu erbringen sei aber wegen des „extrem konspirativen Vorgehens“ dieser Gruppen ausgesprochen schwierig.

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