Der sonntaz-Streit: „Der Staat ist in der Pflicht“

So wenig es eine Pflicht gebe, sich viermal in der Woche zu duschen, so wenig brauchen wir die Pflicht zur Datenhygiene, sagt Malte Spitz.

Ich bin klein, mein Herz ist rein, so sollen auch die Daten sein. Bild: dpa

„Daten sind das Gold der Informationsgesellschaft“, schreibt Gisela Piltz, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion und innenpolitische Sprecherin, in einem Gastbeitrag in der aktuellen sonntaz. Um sich vor Adresshändlern und Kriminellen zu schützen, müsse jeder Einzelne auf seine persönlichen Daten achtgeben. „Selbstdatenschutz ist Bürgerverantwortung.“

Malte Spitz hält dagegen: So wenig es eine Pflicht gebe, sich mindestens viermal in der Woche zu duschen, so wenig brauchen wir die Pflicht zur Datenhygiene, sagt der Grünen-Politiker, der T-Mobile erfolgreich auf Herausgabe seiner Daten verklagt hat. „Wer im Internet surft, darf nicht gezwungen sein, seine Privatsphäre-Einstellungen immer höher zu setzen oder seine Cookies jedes Mal aufs Neue zu löschen.“ Nicht der Bürger, sondern der Staat sei hier in der Pflicht.

Der Präsident des deutschen Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, sagt, die Abwehr von äußeren Angriffen auf Computer und Netzwerke sei in unserer virtuell vernetzten Gesellschaft essenziell. „Rückschlüsse auf Netzwerkstrukturen erleichtern auch Sabotageangriffe.“ Datenhygiene sei ein erster Schritt in einer Kette hilfreicher Sicherheitsmaßnahmen. Die Sensibilisierung für diese Gefährdungen sei auch Aufgabe des Verfassungsschutzes.

Bill und Hillary, Sahra und Oskar, Gerd und Doris: Wie funktionieren Beziehungen in aller Öffentlichkeit? Die Titelgeschichte "Liebe. Macht. Politik" lesen Sie in der taz.am wochenende vom 13./14. Juli 2013. Darin außerdem: Am 24. April brach in Bangladesh ein Hochhaus über 3.500 Näherinnen ein. Die Schuldigen dafür waren im Land schnell gefunden: ihre Chefs. Die Geschichte zweier Glücksritter. Und der Streit der Woche zur Frage: Ist Datenhygiene jetzt Bürgerpflicht? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

„Selbstzensur als Lösung gegen staatliche Überwachung ist ein Zeichen dafür, dass der Staat seine Pflichten massiv verletzt“, kontert Jens Scholz, Betreiber des Satire-Twitteraccounts „Verfaschungsschutz“. Raus aus Facebook, nichts googlen, keine Emails, keine Handys – das sei „Kapitulation vor dem Unrecht.“

Dem stimmt der Blogger Michael Seemann zu. Sich verstecken? Auf keinen Fall. Wer jetzt zu politisch heiklen Fragen im Netz lieber schweigt, tue dem Staat damit den größten Gefallen: „Am besten lässt sich eine Gesellschaft kontrollieren, die sich nicht vernetzt.“ Dabei hätten der Arabische Frühling und Occupygezi gezeigt, „was für eine politische Macht das Netz uns gibt.“

Die sonntaz-Frage „Ist Datenhygiene jetzt Bürgerpflicht?“ diskutierten außerdem Jan Philipp Albrecht, Abgeordneter im EU-Parlament und Experte für Netzthemen und Katharina Nocun, politische Geschäftsführerin der Piratenpartei – in der sonntaz vom 13./14. Juli 2013.

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