Kölner Musikfestival c/o pop: Mit Branding oder ohne

Das Kölner Festival c/o pop setzte in diesem Jahr auf große Namen und die Markenbildung der Musiker. „Branding“ lautet das neue Zauberwort.

Kelis pflegt heute traditionellen Soulsound statt Cyberfeminismus. Bild: Ana Lukenda

„Mach dich zur Marke!“ – wenn es eine Botschaft des diesjährigen c/o-pop-Festivals in Köln gibt, dann diese. Je weiter sich Popmusik stilistisch auffächert, desto schwerer wird es für die Beteiligten, ihren Lebensunterhalt damit zu bestreiten. Das Heilmittel auf der c/o pop convention: „Branding“ – Musiker, Labels und Konzertveranstalter gehen auf Sponsoren zu und umgekehrt.

Diese Strategie führt jedoch zu neuen Konflikten, etwa wenn sich der Sponsor nicht mit seiner Rolle als Mäzen zufrieden gibt. Zudem sind Popfans weitaus sensibler für die Manipulation durch Werbung, als es mancher Sponsor gerne hätte. Auf einem großen Festival stellte Opel ein Auto für Probefahrten zur Verfügung. Aber die potenziellen Kunden hatten keine Lust darauf, sondern tanzten lieber auf Motorhaube und Dach herum.

Solch Unbehagen mit der eigenen Marke kennt die c/o pop selbst bislang nicht. Im Gegenteil – war das Festival in den letzten Jahren etwas unübersichtlich und von wechselnder Qualität, hat man das Programm für die Ausgabe 2014 gestrafft und ein paar große Namen gebucht.

Die New Yorker Sängerin Kelis, einer dieser Namen, trat zur Eröffnung auf. Die 35-jährige R’n’B-Sängerin hat sich mit ihrem letzten Album „Food“ neu erfunden. Ihre slicke, digitale, cyberfeministische Sexyness des großen Hits „Milkshake“ ist einem traditionellem Soulsound mit Retrotendenzen gewichen. Gespielt hat sie „Milkshake“ trotzdem. Dass der Song auch im Soulformat funktioniert hat, lag vor allem an der Begleitband. Nuanciert spielte sich diese durch ihr Set und war niemals zu aufdringlich, um Kelis die Rolle des Stars streitig zu machen.

Cyberfeministische Sexyness

Das britische Duo Mt. Kimbie flutete den Saal am nächsten Abend mit subsonischen Basstönen. Die beiden Londoner schichten Drumpattern über Drumpattern und schickten zur allgemeinen Steigerung der Euphorie-Empfindungen ihre Subbässe durch die tanzende Menge.

Wesentlich perfektionistischer lösten am Freitag Den Sorte Skole ihre Aufgabe. Die beiden dänischen DJs collagieren Musik aus der ganzen Welt, die sie von Second-Hand-Vinylquellen sampeln. Die Samples bleiben unmanipuliert, stattdessen treten die zitierten Musiken in Dialog miteinander. Dank der Lichtshow wurden die etwas zu perfekt konstruierten Collagen doch noch zu echten Kopfnickern.

Höhepunkt der c/o pop waren die Auftritte junger Kölner Musiker, die sonst verstreut in ihren Veedeln herumwerkeln. Veedel Kaztro, Kölns Nachwuchsrapper Nummer eins, paart geschichtsbewusste Old-School-Instrumentals mit melancholischen Beobachtungen zur Gegenwart.

Ebenfalls neu: Köln hat endlich wieder avancierte Rockmusik zu bieten, z. B. die Band Oracles. Das fünfköpfige Projekt kombiniert Krautrock, Disco und Ambient zu großformatigen Popsongs ohne Pathos. Dafür wurden sie belohnt – mit 10.000 Euro Preisgeld des Landes NRW. Zum Glück geht’s auch ohne Branding.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.