Prioritäten an Bremer Schulen: Computer statt Klos

Eltern und Schüler*innen beklagen sich über den schlechten Zustand von Bremens Schultoiletten. Doch die Digitalisierung geht vor.

Ein Schritt in die richtige Richtung: Klobürste Foto: dpa

BREMEN taz | So dürfte das „stille Örtchen“ einigen noch von der Schule in Erinnerung sein: übler Geruch, dreckige Schüsseln, keine Klobrille. Dass sich solche Erfahrungen auch heute noch machen lassen, zeigt sich an Bremer Schulen. Der Zentrale Elternbeirat Bremen (ZEB) beklagt großen Sanierungsbedarf. Darunter fallen unter anderem Toilettenanlagen, die einige Kinder aus Ekel nicht mehr benutzen möchten. Aber obwohl diese Beschwerden lange bekannt sind, müssen die Sanierungsarbeiten laut Senatsbauprogramm an vielen Schulen noch warten.

„Viele Sanitäranlagen stammen noch aus den 1960er-Jahren“, sagt ZEB-Sprecher Pierre Hansen. Marode Schultoiletten seien daher immer wieder Gesprächsthema auf den jeweiligen Beiratssitzungen. Für ihn stellen sie allerdings nur einen Aspekt des allgemeinen Sanierungsbedarfs an Bremer Schulen dar.

Wie hoch der genau ist, lässt sich selbst für die Finanzbehörde nur erahnen. Nachdem die „Zustandsbewertung Bau“ im vergangenen Juni rund ein Drittel aller Schulen auf Mängel überprüft hat, wurden rund 675 Millionen Euro veranschlagt. Neben den Toiletten sind etwa auch einige Schultafeln und an einigen Schulen gar die Bausubstanz sanierungsbedürftig.

Für die Schulgebäude ist Immobilien Bremen (IB) zuständig. Bei den Arbeiten halte man sich laut Sprecher Peter Schulz an das jährlich aufgestellte Senatsbauprogramm. Dieses regelt die Finanzierung und Zeitplanung der Sanierungsmaßnahmen. Laut Haushaltsentwurf sind 2018 über 45 Millionen Euro und 2019 sogar 56 Millionen für Investitionen in Schulgebäude eingeplant.

Dass die Sanierungsmaßnahmen zu lange auf sich warten lassen, bemängeln etwa Eltern von Kindern, die eine Schwachhausener Grundschule besuchen. Hier seien die Toiletten laut Elternsprecher so stark veraltet, dass die Schüler*innen bis nach Schulschluss einhalten, anstatt auf Toilette zu gehen. Außerdem sähen sie aus wie „aus der Kaiserzeit“ und das Abwasserrohrsystem sei komplett marode.

Als ein Elternsprecher die Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) auf einer Veranstaltung fragte, ob kommendes Jahr mit zusätzlichen Mitteln für die Sanierung zu rechnen sei, bekam er eine überraschende Antwort: Zwar gebe es mehr Mittel, aber diese würden zunächst in die Digitalisierung fließen. Also interaktive Whiteboards, Online-Lernplattformen und bessere WLAN-Versorgung statt moderner Sanitäranlagen.

Für den Elternsprecher unverständlich. Aus doch wohl „logischen Gründen“ sollte man sich zunächst der dringend notwendigen Sanierung von Toiletten widmen. Auf Anfrage dementierte die Bildungsbehörde die angebliche Aussage von Bogedan. Beide Themen seien wichtig, so Sprecherin Annette Kemp. Außerdem würden die Geldmittel aus zwei unterschiedlichen Haushaltstöpfen stammen, sodass man die Ausgaben nicht miteinander verrechnen könne.

Egal, aus welchem Haushaltstopf – an der Grundschule in Schwachhausen will man nicht mehr auf diese Mittel warten. Mithilfe eines Sponsorenlaufs wurden bereits 16.000 Euro gesammelt, die teilweise in die Sanierung der Schultoiletten fließen sollen. Wenn die Behörde kein Geld bereitstellt, nehme man das Thema eben selbst in die Hand, so der Elternsprecher.

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