Sachkunde über sensible Sprache: Keine Zauberei

Wie spricht und schreibt man am besten über trans* Personen, ohne dass es verletzt? Wir haben versucht, einen Leitfaden dafür zu erstellen.

Ein Arzt zieht eine Puppe mit blonden Haaren und Bart aus einem Hut.

Achtung: Eine Geschlechtsangleichung ist kein Hokuspokus. Genausowenig wie sensible Sprache Foto: Juliane Pieper

Sex ist nicht gleich Sex

Das Wort „Sexualität“ in „Transsexualität“ führt leicht in die Irre – es geht dabei nämlich nicht um eine sexuelle Präferenz, sondern um die Geschlechtsidentität einer Person (engl. sex = medizinisches/biologisches Geschlecht; gender = soziales Geschlecht/Rolle). Trotzdem ist der Begriff in Recht und Medizin nach wie vor üblich. Viele trans* Personen bezeichnen sich lieber als transident oder transgeschlechtlich – oder nutzen den Sammelbegriff trans/trans*.

Reduzierung auf Untenrum

Geschlechtsidentität findet, genau wie Homosexualität, im Kopf statt – nicht nur in den Genitalien. Eine Frau fühlt sich ja auch nicht plötzlich als Mann, wenn ihr wegen eines Tumors die Eierstöcke entfernt werden müssen. Eine trans* Frau als „biologischen Mann“ zu bezeichnen, ist also schon allein aus dem Grund falsch, als das Gehirn zum Körper dazugehört.

Hex, hex

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Was früher noch „Geschlechtsumwandlung“ genannt wurde, heißt heute „Geschlechtsangleichung“ oder „Geschlechtsanpassung“. Kein großer Unterschied? Doch, schon – hier geht es ums Detail: Das Wort „Umwandlung“ impliziert, dass etwa ein Mann „früher eine Frau war“ und mal eben aus einer Laune heraus „das Geschlecht wechseln will“. Er war aber ja immer schon ein Mann, auch wenn das die anderen nicht wussten. Da eine medizinische Transition (Hormone, Operationen) nichts mit Zauberei zu tun hat, sondern körperliche Merkmale an die persönliche Geschlechtsidentität angeglichen werden, spricht man stattdessen von „Geschlechtsangleichung“.

Komplexe Körperlichkeit

Viele trans* Personen empfinden es als verletzend, wenn über sie gesagt wird, dass sie „im falschen Körper stecken“. Selbst wenn manche das vielleicht so empfinden und eventuell eine Geschlechtsangleichung vornehmen lassen, heißt das noch lange nicht, dass es allen so geht – und dass jemand anderes darüber urteilen darf. Außerdem: Wer etwa seine abstehenden Ohren nicht leiden mag, kann sich insgesamt trotzdem in seinem Körper wohlfühlen. Er mag dann eben nur ein bestimmtes Körperteil nicht.

Als Baby geboren

Typischer Spruch bei der Geburt: „Es ist ein Junge!“ Dabei heißt das nichts weiter, als dass das Baby einen Penis hat – es kann schließlich noch nicht über seine Geschlechtsidentität sprechen. Anstatt also zu behaupten, eine trans* Person sei „als Junge/Mann oder als Mädchen/Frau geboren worden“, empfiehlt sich die Formulierung: Bei der Geburt wurde das männliche/weibliche Geschlecht registriert oder eingetragen. Ein anderer Ausdruck dafür ist „Geburtsgeschlecht“ oder „Hebammengeschlecht“.

Namedropping

Viele trans* Menschen ändern nach ihrem Coming-out ihren Namen, wenn auch nicht unbedingt in ihrem Pass. Die meisten verletzt es, wenn sie weiterhin mit ihrem alten Namen – manche sprechen gar vom sogenannten „Deadname“ – angesprochen oder danach gefragt werden. Was auf den ersten Blick wirken mag wie eine Leugnung der Vergangenheit („Wir blättern doch alle gern in alten Fotoalben!“), ist bei näherer Betrachtung im Zweifel ein nachvollziehbares Abschließen mit einer oft schmerzhaften Zeit. Und allein die Entscheidung der betroffenen Person. Wenn eine Freundin heiratet und einen anderen Nachnamen annimmt, nennen Sie sie ja auch nicht noch die nächsten 20 Jahre bei ihrem Geburtsnamen, oder? Falls doch, machen Sie damit sehr deutlich, dass Sie entweder nichts von der Ehe halten oder von ihrem Ehemann beziehungsweise ihrer Ehefrau – und in jedem Fall: von ihrer Entscheidung.

Was ist schon „normal“

Das Gegenteil von trans (lat. jenseits) ist nicht „normal“, sondern cis (lat. diesseits). Eine cis Person identifiziert sich mit dem Geschlecht, das bei der Geburt eingetragen wurde. Eine trans* Person nicht. Damit gehört sie einer Minderheit an – aber gelten blonde Haare als unnormal, weil nur etwa zwei Prozent der Weltbevölkerung blond sind? Eben. Transsexualität ist vielmehr, so der Psychologe Professor Udo Rauchfleisch, „eine Normvariante der Natur“.

Mit Sternchen oder ohne?

Heißt es jetzt eigentlich trans* Person oder trans Person? Was die Schreibweise betrifft, ist sich die Trans-Community uneinig. Manche finden das Sternchen (Asterisk) als Platzhalter wichtig, um deutlich zu machen, dass damit auch non-binäre Identitäten eingeschlossen sind, also Menschen, die sich nicht in das herkömmliche, streng zweigeteilte Geschlechtersystem einordnen können oder wollen. Andere halten das Sternchen für unnötig oder überholt, da trans als Gegenteil von cis ja bereits alle Identitäten mit einschließt, also sowohl binäre als auch non-binäre.

Klein oder groß?

Auch bei der Groß- oder Kleinschreibung gehen die Meinungen auseinander: Einige lehnen die Schreibweise „Transmann“ oder „Transfrau“ ab, weil sie den Eindruck vermittelt, trans wäre das wichtigste Persönlichkeitsmerkmal dieser Person. Stattdessen bevorzugen sie eine Verwendung als Adjektiv, also „trans Mann/trans* Mann“ oder „trans Frau/trans* Frau“. Andere wiederum sehen die Großschreibung als politisches Statement und Emanzipation. Im Zweifel hilft: fragen.

Das Glossar wurde von der taz-Redaktion erstellt – in Zusammenarbeit mit der Bundesvereinigung Trans*.

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