Streit über Wiederzulassung: Niederlage für Glyphosatgegner

Glyphosat sei nicht krebserregend, urteilt die EU-Chemikalienbehörde. Sie widerspricht der Internationalen Krebsforschungsagentur.

Ein Tracktor verteilt Pestizid auf einem Feld

Hätte die Echa anders entschieden, dürfte das Unkrautvernichtungsmittel nicht mehr im Freiland eingesetzt werden Foto: dpa

BERLIN taz | Im Streit über die Wiederzulassung des weltweit meistbenutzten Pestizids, Glyphosat, ist eine wichtige Vorentscheidung gefallen. Die Europäische Chemikalienagentur (Echa) in Helsinki stufte die Chemikalie am Mittwoch als nicht krebserregend ein. Die vorliegenden wissenschaftlichen Daten würden keine andere Einstufung ermöglichen, teilte die EU-Behörde mit. Hätte sie Glyphosat als „wahrscheinlich“ oder bekanntermaßen krebserregend bewertet, dürfte das Unkrautvernichtungsmittel laut EU-Zulassungsverordnung für Pestizide nicht mehr im Freiland eingesetzt werden.

Damit widerspricht die Echa der Internationalen Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (Iarc). Die hatte 2015 Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ bezeichnet. Sie berief sich unter anderem auf Tierversuche, in denen mit der Chemikalie gefütterte Mäuse Tumoren entwickelten. Das hatte eine zum Teil emotional geführte Kontroverse ausgelöst, weil Glyphosat zum Beispiel auf 40 Prozent der deutschen Äcker eingesetzt wird. Würde der Stoff verboten, müssten Landwirte wieder stärker auf Unkrautvermeidung setzen.

Wegen der Diskussion verlängerte die EU die Zulassung von Glyphosat vergangenes Jahr nur bis Ende 2017. Bis dahin sollte das Echa-Gutachten Klarheit schaffen. Auf seiner Grundlage könnten die EU-Staaten das Mittel nun sogar für weitere 15 Jahre erlauben.

Denn die Echa erklärte, die bisherigen Warnhinweise auf Glyphosat-Packungen seien angemessen: Demnach kann Glyphosat schwere Schäden an den Augen verursachen und ist langfristig giftig für Wasserorganismen. Aber die Belege reichten nicht, um es als Stoff zu kategorisieren, der Krebs, Erbgutmutationen oder Fruchtbarkeitsstörungen auslösen kann. Die EU-Agentur verwarf sogar die Einschätzung einer deutschen Behörde, dass das Pestizid Organe schädige, wenn diese ihm wiederholt ausgesetzt werden.

Harald Ebner (Grüne)

„Das ist kein Freibrief für eine Neuzulassung“

Auf die Frage der taz, warum die Echa zu einem anderen Schluss als die Iarc gekommen ist, antwortete die Agentur: Verschiedene Forscher könnten wissenschaftliche Erkenntnisse „unterschiedlich interpretieren und gewichten“. Zudem würden Zulassungsbehörden auch Studien der Industrie auswerten, die nicht öffentlich zugänglich sind. Die Iarc dagegen lehnt es ab, Industriedaten zu verwenden, die praktisch geheim sind.

Harald Ebner, Gentechnik-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte über das Echa-Gutachten: „Das ist kein Freibrief für eine Neuzulassung. Dafür sind bestehende Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs zu stark.“ Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) erklärte, es sei unbestritten, dass Glyphosat maßgeblich für das Artensterben in der Agrarlandschaft verantwortlich sei. „Als Totalherbizid vernichtet Glyphosat die Nahrungspflanzen von Schmetterlingen, Bienen und Vögeln.“

Die Arbeitsgemeinschaft Glyphosat dagegen, die Hersteller und Händler der Chemikalie vertritt, sieht sich durch das Echa-Gutachten bestätigt: „Die wissenschaftlichen Argumente, die für eine erneute Zulassung von Glyphosat sprechen, sind erdrückend.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.