Titanenkampf auf kleiner Bühne

Im Kölner Piccolo Theater könnte bald der letzte Vorhang fallen. Die 70-jährige Betreiberin hat eine Räumungsklage der Hausbesitzer am Hals. Über die Zukunft entscheidet am Freitag das Amtsgericht

Von ANNE HANSEN

Ingund Mewes spricht von „Terror“ und „Angst“ und davon, dass sie es nicht ertragen könnte, sollte es das Piccolo Theater nicht mehr geben. Die Prinzipalin eines der wenigen privaten Frauentheater in Deutschland bangt um die Zukunft, am Freitag verhandelt das Amtsgericht Köln über die Räumungsklage der Hausbesitzer, Patrick Huber-Flotho und Martin Hellweg.

Huber-Flotho hatte nach eigener Aussage „nie vor, ein kleines Theater zu zerstören“. Der Hausbesitzer sehe allerdings „einfach keine andere Lösung. Der Umgang mit Ingund Mewes ist sehr schwierig. Die Räumungsklage war nicht mehr abzuwenden.“

Das Kölner Piccolo Theater liegt in einem Hinterhof in der Zülpicher Straße, zwischen einem Geschenkeladen und einem Falafel-Imbiss. In rund sechs Aufführungen pro Monat geht es um die Rolle der Frau in der Gesellschaft, „wobei Frauentheater natürlich nicht heißt, dass Männer draußen bleiben sollen“, so die 70-jährige Ingund Mewes. Das Theater, in dessen Räumen sie und ihre Tochter Dorothea auch wohnen, zählt 50 Plätze.

„Der ganze Krimi begann vor zwei Jahren“, erzählt Ingund Mewes. Da übernahmen die heutigen Besitzer das Haus, und schon kurze Zeit später hätten alle Mietparteien die Kündigung im Briefkasten gehabt. Einige seien daraufhin gegangen, andere hätten sich wie sie einen Anwalt genommen, sagt Mewes. 12.000 Euro hätten Hellweg und Huber-Flotho den Mewes geboten, „nur damit wir schnell und kampflos das Feld räumen“. Sie taten es nicht, der „Terror begann“, so Mewes.

Von den Mitarbeitern des Falafel-Schnellimbisses, die, wie Mewes mutmaßt, mit den Hausbesitzern bekannt sind, würden sie und ihre Tochter täglich beschimpft. Nachts könne sie nicht mehr schlafen, da die Mitarbeiter des Restaurants „Kartons vor meiner Haustür zertrampeln, natürlich um zwei Uhr morgens“. Und in einer Vorstellung, die Hellweg und Huber-Flotho mit einem Dutzend Freunden besuchten, hätten diese sich „so unmöglich“ benommen, „dass sogar den Gästen sofort klar war: Die wollen uns hier raus haben“, erinnert sich Dorothea Mewes.

Hausbesitzer Huber-Flotho sieht das alles ganz anders. Die Kündigungen habe es zwar gegeben, aber er und sein Partner hätten natürlich allen Mietparteien neue Verträge angeboten. Die Mitarbeiter des Imbisses beschimpften nicht Ingund Mewes, dies sei genau anders herum. Die Vorstellung, die er und seine Freunde besuchten, sollte „dafür sorgen, dass das Theater endlich mal volles Haus hat“. Und von den 12.000 Euro, die Mewes zum Gehen überzeugen sollten, weiß Huber-Flotho, wie er sagt, nichts.

Hauptstreitpunkt der beiden Parteien war bis Anfang dieser Woche die Frage nach einer Gaststättenkonzession. Die Vermieter Hellweg und Huber-Flotho warfen dem Theater vor, alkoholische Getränke ohne die dafür notwendige Genehmigung auszuschenken. Die Relevanz des Streitpunkts: Sobald das Theater diese Konzession hätte, würde es als ein Gewerbe gelten und wäre damit sofort kündbar. Das Ordnungsamt hat diesen Streitpunkt allerdings am Montag aus dem Weg geräumt, das Theater braucht keine Gaststättenkonzession.

„Wir sind froh, dass wir wenigstens das Ordnungsamt hinter uns haben“, sagt Mewes. „Bleiben nur noch die Abmahnungen, mit denen wir zu kämpfen haben.“ Seit Dezember 2003 hat Ingund Mewes mehr als 20 Abmahnungen von den Vermietern erhalten. In der letzten, die Anfang dieser Woche eintraf, wurde ihr vorgeworfen, sie habe den Innenhof mit zu viel Wasser gereinigt und sich damit „hauswidrig“ verhalten. Ingund Mewes weiß sich keinen Rat mehr: „Selbst wenn wir putzen, machen wir es falsch.“