Weder „Elite“ noch „Hanni und Nanni“

Privatschulen werden immer stärker nachgefragt. Gleichwohl beklagen sie mangelnde Unterstützung vom Staat: Neuzulassungen seien schwierig und fehlende Kofinanzierung verhindere, dass sich mehr eine Privatschule leisten können

VON BARBARA DRIBBUSCH

Yvonne Wende steht unter Dampf. Besonders, wenn sie die übliche Frage hört. Ob nämlich eine Privatschule nicht doch nur etwas für die Reichen sei, für eine Geldelite. „Das ist nicht unsere Klientel“, betont die 39-jährige Mitgründerin der „Berlin Metropolitan School“, „unsere Eltern waren einfach unzufrieden mit den üblichen Grundschulen. Die wollten ein besonderes Angebot. Zum Beispiel unseren bilingualen deutsch-englischen Unterricht. Und dreimal in der Woche Musik.“

Die Berlin Metropolitan School ist die neueste Schulgründung in der Hauptstadt und ein Beispiel für einen bundesweiten Trend: Immer mehr Eltern wollen ihre Kinder auf eine private Bildungseinrichtung mit besonderem Angebot schicken. So ist die Zahl der Schüler an allgemeinbildenden öffentlichen Schulen zwischen 2003 und 2004 um mehr als ein Prozent gesunken. Die Privatschulen legten hingegen um 2,6 Prozent zu. Jeder 16. Zögling an allgemeinbildenden Schulen besucht eine private Bildungseinrichtung.

„Es besteht ein hoher ungedeckter Bedarf an Plätzen“, sagte gestern Christian Lucas, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Privatschulen (VDP), im Rahmen eines Bundeskongresses der Organisation in Mainz, der noch bis Sonnabend andauert. Die Hürden für eine Neugründung seien zu hoch. So bekämen Privatschulen in den ersten drei Jahren nach der Neugründung keinerlei Unterstützung vom Staat. Weil die Schülerzahlen demografisch bedingt zurückgehen und manche staatliche Schule geschlossen werden müsse, sinke die Bereitschaft der Behörden, Privatschulen die Genehmigung zu erteilen, schilderte Lucas der taz.

Der Vorwurf, Privatschulen seien wegen des Schulgelds nur etwas für Sprösslinge reicher Leute, sei ein „unverschuldetes Dilemma“, so Lucas. Schließlich kämpfe auch der VDP dafür, dass die staatlichen Zuschüsse an die Privatschulen steigen und die monatlichen Schulgelder entsprechend sinken könnten: „Wir wollen uns nicht sozial abschotten.“ Derzeit werden im Schnitt nur zwischen 65 und 70 Prozent der Schulkosten staatlich finanziert, der Rest muss über Schulgebühren hereinkommen.

Auch an der „Berlin Metropolitan School“ sei die Nachfrage der Eltern nach Plätzen größer als das derzeitige Angebot, berichtete Yvonne Wende. Zwischen 250 und 400 Euro im Monat kostet dort der Besuch einer Grundschulklasse, nach Einkommen gestaffelt. „Wir haben aber nicht nur gut verdienende Eltern. Eine Familie ist sogar in eine kleinere Wohnung gezogen, um sich die Schule leisten zu können.“ Das Freizeitangebot mit Instrumental-, Judo- und Tanzunterricht, das andere teure schulexterne Musik- und Sportkurse überflüssig mache, sei ein gewichtiges Argument für viele Eltern. Das Gleiche gilt für die ganztägige Versorgung von 8 bis 18 Uhr, inklusive warmes Mittagessen.

Auf die „Eliteschiene“ wollen sich die Privatschulen nicht schieben lassen. Auch bei den Internaten ergibt sich trotz der noch verbreiteten Hanni-und-Nanni-Romantik ein differenziertes Bild. Die Nachfrage nach Internatsplätzen sei über die Jahre nicht gestiegen, erklärte Hartmut Ferenschild, Sprecher der Vereinigung deutscher Landinternate, der taz.

Einerseits gibt es sehr beliebte Schulen wie das Schloss Salem in der Nähe des Bodensees, die ihren Zöglingen anbieten, das internationale Abitur zu machen. Dies gilt als Eintrittskarte für den Besuch renommierter US-Universitäten. 2.300 Euro monatlich beträgt das Schulgeld für Schloss Salem, es gibt Teilstipendien. Andererseits aber haftet vielen Internaten der Ruf an, Entsorgungssstelle für sozial labile Kinder aus Scheidungsfamilien oder von jetsettenden Eltern zu sein.