open mike 2016: „Absurdes Theater“

Von Löchern und Literaten: Rudi Nuss hat den Preis der taz-Publikumsjury beim „open mike“ gewonnen.

Rudi Nuss beim open mike 2016 Bild: Juliane Henrich

„Nur um es zu klären. Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Alles, was folgt, wird in diesem Scheißloch verrecken. Die ganze Stadt, der ganze Staat, die ganze Welt, ins Loch gerissen schmilzt sie, wird zum Schaumbad, das verrinnt im Abfluss der Zeit, warm, ohne Widerstand, blubbernd und doch absolut geräuschlos.“

„kurze Szenerie mit Loch“ heißt der Prosatext, für den Rudi Nuss den Preis der Publikumsjury beim „open mike“ erhielt, dem renommiertesten deutschen Literatur-Nachwuchspreis. Er gilt als das Sprungbrett für junge Schriftsteller*innen. Am 12. und 13. November 2016 fand die 24. Ausgabe des Events des Hauses der Poesie statt – und auch die taz war dabei, um den Preis der Publikumsjury zu vergeben.

Von den rund 550 eingegangenen Bewerbungen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum wurden 22 Autoren und Autorinnen ausgewählt, ihre Texte beim Finale im Heimathafen Neukölln vorzutragen. Die Preisverleihung fand vor täglich bis zu 450 Besucher*innen im Heimathafen Neukölln statt.

Der freie Umgang mit der Form

„Ich hätte nie gedacht, dass ein Text über Löcher so weit kommen könnte“, sagt Rudi Nuss nach der Preisverleihung. Der 22-jährige Berliner studiert Vergleichende Literaturwissenschaften, schreibt Kurzgeschichten und veröffentlicht bereits in Literaturzeitschriften und Anthologien.

Überzeugt habe der junge Autor letztlich durch den „freien Umgang mit der Form und den Genres des Sci-Fi, des Krimis, des absurden Theaters von Rudi Nuss“, so die Wertung. Die Publikumsjury bestand aus den taz-Leser*innen Elisa Asefa, Hella Buhrow, Martha Grasmeier, Slavica Klimkowsky und Elena Schmitz, die von der Kulturredaktion ernannt wurden. taz-Kultur-Redakteur Ulrich Gutmair stand ihnen betreuend zur Seite. Nuss erhielt darüber hinaus eine lobende Erwähnung der open mike-Jury.

Die offiziellen Preise wurden im Namen der Literaturwerkstatt Berlin von den Juroren Inger-Maria Mahlke, Lutz Seiler und Saša Stanišic vergeben: Die Preise für Prosa gingen an Thilo Dierkes und Benjamin Quaderer, der Preis für Lyrik an Sandra Burkhardt.

Was nach dem open mike noch komme, wisse Rudi Nuss noch nicht. Hauptsache, meint er, er falle nicht selbst in das von ihm beschriebene Loch.

Weitere Informationen zum open mike finden Sie hier.

ANN-KATHRIN LIEDTKE, taz-Autorin