amerika im krieg (20)
: Ein Tagebuch unseres USA-Korrespondenten Michael Streck

Was Afrikaner, Inder und Türken über den Krieg denken

„Bush ist geisteskrank“, sagt die junge türkische Frau zu den Drohungen gegenüber Syrien. Sie sitzt im lichtdurchfluteten gläsernen Atrium der Weltbank und macht Mittagspause. Wasserspiele plätschern, Schritte hallen von den kalten weißen Steinplatten, und die Luft ist künstlich kühl. „Ich sollte sagen, der Feind meines Feindes ist mein Freund, doch das stimmt in diesem Fall nicht.“ Die Türken hätten ein angespanntes Verhältnis zu Syrien, aber einen Krieg unterstütze sie deswegen noch lange nicht. Die Invasion im Irak habe so viel zerstört, und sie sei erschüttert über den unwiederbringlichen Verlust der Museumsschätze in Bagdad. „Amerikaner können alte Gegenstände einfach nicht wertschätzen.“

Zwei Straßenblöcke trennen den massiven Weltbankbau vom Weißen Haus. In beiden sitzen Präsidenten, die sich nicht grün sind. Der eine will den Irak nur mit UNO-Mandat aufbauen, der andere ist mit seinen Gedanken schon in Damaskus. Es ist nicht überliefert, ob sich George W. Bush je die Zeit genommen hat, fünf Minuten über die Pennsylvania Avenue zu laufen, um zu hören, was die Menschen zwischen Kalkutta und Timbuktu über ihn und seine Kriege denken. Oder einfach nur, um sich in der Welt-Kantine durch die Kontinente zu schlemmen.

Für jemanden wie Bush, der so ungern sein geliebtes Texas verlässt und nach den unsicheren, von dunklen Mächten beherrschten, fernen Gestaden reist, gäbe es keinen besseren Ort als die Weltbank. Jeder Erdzipfel hat hier ein Büro. Ohne seine „Air Force One“ zu besteigen, könnte er am Montag zum Beispiel mit Mongolen und am Mittwoch mit Indern spechen.

Eine schwarze Frau in dunkelrotem Gewand, auf dem ein goldener Stern leuchtet, gönnt sich ein wenig Frühlingssonne, bevor sie wieder zurück in die Darlehensabteilung für die am wenigsten entwickelten Länder muss.

„Sicher war der Krieg schneller vorbei, als man dachte. Ich bleibe dennoch bei meinem Nein, vor allem wenn ich die zerstörten Krankenhäuser sehe.“ Um einen Mann zu stürzen, hätte man nicht das ganze Land bombardieren müssen, sagt die Frau aus Benin. In Afrika gebe es überall Diktaturen. „Warum will Bush denen nicht auch Demokratie schenken?“

Undula aus Indien glaubt daran, dass Bush und seine Hardliner einen Masterplan hätten. Daher sei es nur folgerichtig, dass bereits jetzt die nächsten Ziele wie Syrien und Iran ins Visier genommen würden. „Die Amerikaner wollen sich den Zugang zu den Schlüsselressourcen und strategisch wichtigen Regionen sichern“, sagt die Wasserexpertin.

Die 33-Jährige ist in London aufgewachsen und weiß aus dem Geschichtsunterricht, dass die Engländer den Irak nicht befrieden konnten. Sollte die US-Regierung darauf bestehen, den Irak allein zu kontrollieren, prophezeit auch Jari Amerika ein Debakel. Der Berater für Umweltprojekte aus Finnland wünscht sich ein Gegengewicht zur einzigen Supermacht, die sonst versucht sei, ihre hegemonialen Interessen ungehindert durchzusetzen. „Als Finne weiß ich, wie unangenehm eine Imperialmacht ist.“

Mit dieser Folge schließt unser Tagebuch „Amerika im Krieg“