Ein Rechter sehnt sich nach „Rechtsum!“

Vor sechs Jahren wurde ein wehrpflichtiger NPD-Funktionär aus der Bundeswehr entlassen. Begründung: Rechte Extremisten schaden dem Ansehen der Truppe. Das Bundesverwaltungsgericht muss jetzt entscheiden, ob der Rauswurf zulässig war

VON CHRISTIAN RATH

Manche wollen der Wehrpflicht unbedingt entkommen, andere sind beleidigt, wenn sie nicht dienen dürfen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat gestern beraten, ob außerdienstliche NPD-Aktivitäten ausreichen, um einen Grundwehrdienstleistenden aus der Bundeswehr zu entlassen.

T. L.* war im März 1998 zur Bundeswehr eingezogen worden. Bei einem Gespräch mit dem Sicherheitsoffizier teilte er Ende April mit, dass er als Kreisvorsitzender für die NPD im Rems-Murr-Kreis (Baden-Württemberg) aktiv sei.

Daraufhin wurde der Soldat zum 1. September aus der Bundeswehr entfernt. Die Begründung: Jegliche Duldung erkannter Extremisten schädige das Ansehen der Bundeswehr und könne schädliche Einflüsse auf den Zusammenhalt und damit auch auf die Einsatzbereitschaft der Truppe haben.

Gegen diese Maßnahme forderte der NPD-Mann Rehabilitation. Er sei „untadeliger Staatsbürger“ und Mitglied in einer demokratischen Partei. In seiner Kaserne im bayerischen Dillingen habe er nicht für die NPD geworben, sondern seine Parteizugehörigkeit so lange wie möglich geheim gehalten. Sein Kompanieführer bestätigte, dass der Soldat seine Pflichten als Fahrer des Zugführers und Zugschreiber „zur vollen Zufriedenheit“ ausgeführt hatte.

Dennoch scheiterte im November 2002 eine Klage Ls. beim Verwaltungsgericht Augsburg. Für eine Entlassung sei kein Disziplinarvergehen erforderlich, es genüge, entschieden die Richter, dass die „militärische Ordnung“ gefährdet sei. Bei einem NPD-Mitglied habe dies stets gegolten, weil die NPD nach Ansicht des Gerichts zumindest im Jahr 1998 ein Sammelbecken von Neonazis war.

Gegen den Willen der Augsburger Richter hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision des inzwischen 27-jährigen T.L. zugelassen. Die Leipziger Richter wollen offensichtlich eine Grundsatzentscheidung darüber fällen, ob die bloße Mitgliedschaft in einer „nicht verbotenen Partei“ die Entlassung aus dem Wehrdienst rechtfertigen kann.

Der von der Bundesregierung mit Unterstützung der Union eingereichte Antrag auf ein Verbot der NPD war im März 2003 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert, weil der Staat während des Verfahrens seine Spitzel in der Partei nicht abgeschaltet hatte.

Die harte Linie gegen rechtsextreme Aktivisten bei der Bundeswehr hatte allerdings mit dem Verbotsverfahren nichts zu tun. Sie ging bereits 1996 vom damaligen Verteidigungsminister der Regierung Kohl, Volker Rühe, aus. Der CDU-Politiker reagierte damit auf einen Skandal bei der Bundeswehr-Führungsakademie. Diese hatte 1995 den rechten Ex-Terroristen Manfred Roeder als Redner eingeladen. Nach NPD-Angaben waren insgesamt „etwa drei Dutzend“ zur Partei gehörende Wehrpflichtige aus der Bundeswehr geworfen worden. „In den letzten zwei Jahren hat sich das allerdings beruhigt“, sagt NPD-Sprecher Klaus Beyer. Die Bundeswehr selbst hat dazu keine Zahlen parat.

Wenn T. L. mit seiner Klage in Leipzig Erfolg hätte, wäre das eine Überraschung. Erst vor wenigen Monaten entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Rechtsextremisten von Wehrübungen ausgeschlossen werden dürfen. Das Urteil im Fall L. wird für heute erwartet.

* Name wurde anonymisiert