Terror-Prozess gegen „Freikorps“

In Potsdam stehen seit gestern zwölf Mitglieder einer rechtsextremen Kameradschaft vor Gericht, denen Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird

POTSDAM afp ■ In Brandenburg stehen seit gestern erstmals Rechtsextreme wegen des Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft legt den zwölf Angeklagten im Alter von 16 bis 20 Jahren zehn Brandanschläge auf ausländische Imbisse und Geschäfte zur Last. Ihnen drohen Strafen bis zu 15 Jahren Haft. Der Strafsenat des Oberlandesgerichts Brandenburg, der als Staatsschutzsenat nach Jugendstrafrecht im Amtsgericht Potsdam verhandelt, schloss die Öffentlichkeit aus.

Die Anklage hält den zur Tatzeit teils erst 14-jährigen Jugendlichen vor, in den Sommerferien 2003 die rechtsextreme Kameradschaft „Freikorps“ gegründet zu haben, um gemeinsam terroristische Straftaten zu begehen. Ziel sei gewesen, im westlich an Berlin grenzenden Landkreis Havelland Imbisse und Geschäfte ausländischer Bürger anzuzünden. Dadurch sollte die wirtschaftliche Existenz der Unternehmer türkischer oder asiatischer Herkunft zerstört werden, um die Betroffenen zum Verlassen der Region zu zwingen. Alle zwölf hätten aus ausländerfeindlichen Motiven gehandelt.

Die zehn versuchten und vollendeten Brandstiftungen wurden zwischen August 2003 und Mai 2004 verübt. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden. Bei einem Brandanschlag auf einen Imbiss in Nauen griff das Feuer auf ein Einkaufszentrum über und richtete hohen Sachschaden an. Der Gesamtschaden, den die Jugendlichen angerichtet haben sollen, wird auf über 600.000 Euro beziffert. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft waren die Brandstiftungen dazu geeignet, die Bevölkerung erheblich einzuschüchtern und dem Staat stark zu schaden. Das Zusammenleben der deutschen und ausländischen Bevölkerung sei nachhaltig beeinträchtigt worden.

Laut Anklageschrift kassierte das von einem heute 20-jährigen Abiturienten geführte „Freikorps“ monatliche „Beiträge“ von 5 Euro, mit denen beispielsweise Benzin für Molotowcocktails gekauft wurde. Der mutmaßliche Rädelsführer sitzt als Einziger in Untersuchungshaft. Keiner der überwiegend aussagewilligen Angeklagten ist bislang vorbestraft. Für den Prozess sind zunächst zehn Verhandlungstage angesetzt.