Grüne Ruß-Vignette

Neu im Kampf gegen Feinstaub: Kabinett will heute Dreck-Kennzeichnung für künftige Fahrverbote beschließen

BERLIN taz ■ „Trittin zockt Deutschlands Autofahrer ab!“ So oder so ähnlich dürften heute die Schlagzeilen großer deutscher Boulevardzeitungen lauten. Es geht um 400 Millionen Euro. Es geht um Feinstaub. Und um eine neue Fahrzeug-Plakette zur Bekämpfung dieses Krebserregers.

Orange, gelb, grün, blau – das Bundeskabinett will heute die Vorschläge aus dem Bundesumweltministerium beschließen. Danach sollen sich künftig „saubere“ Autos mit einer Vignette an der Windschutzscheibe ausweisen – vierfach abgestuft, je nach Verschmutzungsgrad. Dreckschleudern dagegen bekommen keine Vignette. „Ziel der Verordnung ist, eine bundeseinheitliche Kennzeichnung der Fahrzeuge, die einen geringen Beitrag zur Luftbelastung mit Feinstaub-Partikeln leisten“, heißt es im Entwurf.

Seit Jahresanfang gelten EU-weit strengere Grenzwerte. Diese wurden schon zur Jahreshälfte von vielen deutschen Städten überschritten. Zwar hat die EU angedeutet, 2005 offenbar noch keine Verfahren gegen die Sünder einleiten zu wollen – aber auch deutlich gemacht, dass diese kommen werden.

Besonders akut sieht es in Ballungsräumen aus, weshalb etwa Berlin über Fahrverbote innerhalb seines Autobahnringes nachdachte. Nach dem Paragrafen 40 des Bundesimmissionsschutz-Gesetzes ist das rechtlich bereits möglich. Jedoch nicht praktikabel: Man könnte nur alle Lkw oder alle Pkw aussperren, da äußerlich nicht erkenntlich ist, welches der über 55 Millionen Fahrzeuge diesel- oder benzinbetrieben, mit oder ohne Partikelfilter fährt. Relevant für die Grenzwerte sind nur Diesel-Pkw ohne Filter. Deshalb hatte Berlin eine Kennzeichnung der Dreckschleudern vom Bund gefordert.

Tritt die Trittin’sche Regelung in Kraft, müssen sich erstmals auch benzingetriebene Autofahrer mit Dieselruß befassen: Sie müssen sich eine blaue Plakette für „keine Emission“ kaufen. Die grüne Plakette steht für „fast keine“ Emission, die orange kann erhalten, wer seinen Diesel mit einfachem Filter nachrüstet, die gelbe liegt dazwischen. Zwischen fünf und 10 Euro soll die Plakette kosten. Wer keine hat, gilt als „Stinker“, darf also nicht ins Stadtgebiet, wenn es dort Feinstaub-Sperrung gibt.

Das Haus Trittin sieht seine Verordnung als „Angebot an die Länder“ – nur wer will, muss sie umsetzen. Die aber ist zustimmungspflichtig im Bundesrat. Fraglich, ob die CDU den grünen Weg so gut findet: Die Stinker laufen zu lassen, alle anderen aber zu kennzeichnen. RENI