„Bild“ gescheitert

Eisenberg, Simonis und die Springer-Paparazzi: Angriff von „Bild“-Chef Kai Diekmann abgewehrt

Am 2. Mai 2005 berichtete ich über eine Verfolgung der ehemaligen Ministerpräsidentin Heide Simonis durch Fotografen und Mitarbeiter von Bild nach deren Amtsübergabe am 27. und 28. April. Einige Tage später erreichten die taz umfangreiche Unterlassungs- und Gegendarstellungsbegehren des Axel Springer Verlages. Auch mich nahm Springer auf Unterlassung in Anspruch.

In der Gegendarstellung wollte Bild-Chefredakteur Kai Diekmann neben anderem verbreitet sehen, Frau Simonis sei nicht vom Verlassen des Landeshauses an von einem Fotografen verfolgt worden, der jeden ihrer Schritte abgelichtet habe, und es sei nicht durch ein den Bild-Leuten erteiltes Hausverbot vereitelt worden, dass auch noch in eine Umkleidekabine beim Probieren eines Hosenanzuges hinein fotografiert wurde.

Das Landgericht wies dieses Ansinnen zurück, das Kammergericht bestätigte wegen Formfehlern von Springer. Eine hernach übermittelte geringfügig geänderte weitere Gegendarstellung von Bild erlitt das gleiche Schicksal: Das Kammergericht attestierte ihr, sie führe die Leser in die Irre und müsse daher nicht gedruckt werden.

Auch mit den Unterlassungsbegehren ging es Springer nicht viel besser: Von je sechs Punkten wurden fünf durch das LG Hamburg zurückgewiesen. Springers Beschwerde dagegen blieb erfolglos beim hanseatischen Oberlandesgericht: Dort wurde die Behauptung, es sei lediglich ein Bild von Frau Simonis in der Boutique H&S gefertigt worden, als nicht glaubhaft gemacht bewertet. Immerhin: Es darf jetzt von mir einstweilen nicht mehr geschrieben werden, dass auch nachts noch vor der Wohnung eines Freundes Fotografen für Bild lauerten. Zwar hat Frau Simonis dort einen Fotografen gesehen. Der soll aber – so erklärt Springer – nicht von Bild dorthin entsandt worden sein.

Soweit Vorstehendes auch der taz verboten wurde, musste Springer auf die gerichtliche Verfügung mittlerweile verzichten – nach einem weiteren Formfehler der Springer-Anwälte. Gleichwohl gehen die taz wie auch ich seit Bekanntwerden der Erklärungen Springers davon aus, dass nicht der Springer Verlag nächtens Simonis hat auflauern lassen.

Zwischenzeitlich hat das Landgericht Berlin – nach Widerspruch von Springer – auch das von Simonis erwirkte Verbot, sie bei privaten Einkäufen zu fotografieren und bei privaten Fahrten zu verfolgen, bestätigt. Es heißt in dem Urteil: „ … steht einer Berichterstattung und Verbreitung von Bildern ein berechtigtes Interesse von Simonis entgegen. … Auch die Verrichtung erkennbar privater Lebensvorgänge in der Öffentlichkeit betreffen die Privatsphäre. Dabei macht es auch einen grundsätzlichen Unterschied, ob eine private Situation von Passanten beobachtet oder vor einem Millionenpublikum ausgebreitet wird.“ Und weiter: Die Verfolgungen von Simonis durch die Journalisten „beeinträchtigten das Persönlichkeitsrecht … Denn ihr wurde die grundrechtlich verbürgte Möglichkeit genommen, ihren privaten Alltag zu verbringen, ohne … im Lichte einer breiteren als der gewählten Öffentlichkeit zu stehen.“ (LG Berlin 27.0.368/05, nicht rechtskräftig).

JONY EISENBERG