„Gundula, ich bin entsetzt“

Claus Kleber und Gundula Gause moderieren das „heute-journal“. Er ist Anchor und ihr Chef. Sie liest die Nachrichten. Sie sagt: „Ich kriege Komplimente für ihn.“ Früher hatte sie Peter Fonda. Das erste Paar-Interview weltweit

INTERVIEW DAVID DENK
UND DOMINIK SCHOTTNER

taz: Frau Gause, Herr Kleber, ist das Ihr erstes gemeinsames Interview?

Gundula Gause: Ja, klingt erstaunlich, aber so ist es.

Claus Kleber: Für Interviews hat man uns gemeinerweise immer getrennt.

Sind Sie befreundet?

Kleber: Wir verstehen uns richtig gut, ja.

Wann waren Sie zuletzt gemeinsam essen?

Kleber: Das nehmen wir uns immer vor …

Gause: … schaffen es aber sehr selten.

Kleber: Und wenn doch, dann auf eine Scheibe Pizza während der Produktion. An einem meiner ersten Abende in Mainz hat Gundula mich in eine ganz tolle alte Kneipe mitgenommen, wo wir erheblich zu viel Bier getrunken haben.

Gause: Ich pflege ein Ritual. Jeden Abend esse ich ein mitgebrachtes Käsebrot, während ich die „Tagesschau“ gucke.

Können Freunde gut miteinander arbeiten?

Kleber: Ach ja, es geht so.

Wieso lachen Sie?

Kleber: Warten wir doch einfach das Interview ab.

Wie teilen Sie in der Redaktion die Themen auf? Wer bestimmt, was viel Platz bekommt ? Wer sagt: Das ist groß, und das ist klein?

Kleber: Nicht große und kleine Themen verwechseln!

Aber das war ein Zitat von FrauGause.

Kleber: Na, okay, dann war es ein missverständliches Zitat. Die Frage ist bei den Themen immer: Kann ich sie umfassend und mit Bildern erklären? Unter Umständen ist die Meldung über die beschlossene Mehrwertsteuererhöhung in Gundulas Nachrichtenblock viel wichtiger als eine Reportage aus einem fremden Land. Nehmen wir die Bürgermeisterwahl in New Orleans. Ist das eine große oder eine kleine Meldung?

Sagen Sie es uns.

Kleber: Eine ziemlich kleine trotz des Hurrikans, der ein Dreivierteljahr vor der Wahl die Stadt halb zerstört hat. Trotzdem haben wir entschieden, einen größeren Bericht zu machen, um zu zeigen, dass das Ungleichverhältnis von schwarzen und weißen Wählern in der Stadt dafür sorgen kann, dass erstmals ein weißer Bürgermeister gewählt werden könnte. Dadurch ist eine wichtige innenpolitische Meldung an dem Tag in den Nachrichtenblock gerutscht.

Frau Gause, fühlen Sie sich manchmal ins zweite Glied zurückgesetzt, weil Sie das journalistische Schwarzbrot backen?

Gause: Ich mache das seit 13 Jahren, und es gefällt mir nach wie vor sehr gut. Ich bin einfach eine Nachrichtenfrau.

Beim „Morgenmagazin“ waren Sie freier in der Gestaltung. Vermissen Sie das nicht?

Gause: Doch, natürlich. Das ist eine andere Tätigkeit – freie Moderation, eine Vielfalt an Gästen. Ich hatte mal Peter Fonda da.

Kleber: Cool! Da komme ich natürlich nicht mit! Jetzt haste nur noch den Kleber.

Gause: Ach, das ist schon gut so.

Und wenn Ihnen das Schwarzbrot im „heute-journal“ nicht mehr schmeckt? Sehen wir Sie dann irgendwann in Ihrem eigenen Polittalk?

Gause: Momentan schmeckt mir das Schwarzbrot noch sehr gut. Weitere 13 Jahre werde ich aber sicher nicht dranhängen. Und was dann sein kann, muss ja auch gewollt werden, von mir, vom ZDF …

Kleber: Ich würde es mir angucken!

Gause: Danke schön!

Wir können uns nicht erinnern, Sie in letzter Zeit getrennt gesehen zu haben. Wie oft kommt das vor?

Kleber: Neulich haben wir sogar die Paar-Regel durchbrochen, und Marietta Slomka und Barbara Hahlweg haben zusammen moderiert.

Paar heißt: eine Frau, ein Mann. Gab es eine Probesendung?

Kleber: Nein. Ehrlich gesagt habe ich gedacht, dass es ein bisschen problematisch werden könnte. Aber dann saß ich mit einem Glas Wein zu Hause vor dem Fernseher, und alles war super.

Wieso problematisch?

Kleber: Ich dachte, das „heute-journal“ funktioniert nur mit einem Paar. Anscheinend sind andere Elemente aber wichtiger für die Marke: das Studio, der Doppelpass zwischen den Moderatoren. Irgendwann moderiere ich vielleicht auch mal mit Heinz Wolf.

War denn nach Wolf von Lojewskis Weggang klar, dass Sie, Frau Gause, mit dem neuen Chef moderieren würden?

Kleber: Das hat Gundula entschieden.

Gause: Äh.

Kleber: Ja, wirklich. Ich kam hier an, und Gundula sagte, das sollten wir so machen, und ich sagte, okay, dann machen wir das so. Wiedererkennbarkeit ist sehr wichtig.

Gause: Ich bekomme ja auch viele Komplimente für ihn.

Kommen wir zum Wichtigen, zur Fußball-WM. Sie hatten am Abend vor dem Eröffnungsspiel einen Ball im Studio.

Kleber: Das war der WM-Ball, der in so einer Stafette durch viele ZDF-Sendungen lief. In der Sendung hatten wir dann einen Originalball, der unter Bewachung ins Studio gebracht werden musste. Einer unserer Kollegen musste dafür sein Ehrenwort verpfänden!

Mal unter uns: Nervt Sie die WM?

Gause: Überhaupt nicht! Ich freue mich riesig über die Begeisterung in diesem Land …

Kleber: … dieses tendenziell miesepetrige Land ist endlich mal guter Laune. Ich hoffe, dass das so bleibt.

Wie viel Fußball gehört ins „heute-journal“, wenn den ganzen Tag schon Fußball lief?

Gause: Wir diskutieren das heftig.

Kleber: Sogar ich als Fußballignorant denke, dass Fußballereignisse von dieser Größe News sind. Und auch alles, was drum rum passiert: Demos wie in Nürnberg und Frankfurt oder wie deutsche Soldaten in Afghanistan die Spiele verfolgen. Aber wir bieten trotzdem Nachrichten. Niemand soll das Gefühl haben, dass er etwas verpasst.

Sie sind für die gesamte WM-Zeit auf 15 Minuten gekürzt.

Kleber: Wir treten mit dem Anspruch an, die beste Nachrichtensendung in Deutschland zu machen. Dann muss man auch den Ehrgeiz haben, das in 15 Minuten zu schaffen.

Ist das eher ein Problem oder eine sportliche Herausforderung?

Kleber: Beides.

Gause: Ein Wringen der Nachrichtenlage. Die Essenz bleibt übrig.

Kleber: Wenn das ZDF sendet, haben wir sogar nur acht Minuten. Da wird natürlich um jede Sekunde gekämpft.

Und wer, glauben Sie, wird Weltmeister?

Gause: Ich würde mich freuen, wenn die Deutschen da gut rauskämen.

Kleber: Ich möchte, dass es Deutschland wird. Nicht weil ich Patriot bin, sondern weil ich den Klinsmann so gerne mag, seine Art, den Laden aufzumischen. Ich erkenne da viele Parallelen zu meiner Arbeitsweise.

Wer würde denn einem von Claus Kleber initiierten Kompetenzteam für das „heute-journal“ angehören?

Kleber: Ich habe schon sehr gute Leute hier. Aber Frank Plasberg wäre zum Beispiel toll. Jetzt ist er leider zu groß. Oder Peter Zudeick, der einen unschlagbaren Sinn für Sprache hat.

Und einen Mentaltrainer, wie Klinsmann ihn engagiert hat?

Kleber: Nein, danke. Wir sind alle gut drauf hier. Es sind ja auch nicht alle Methoden von Klinsmann gut. In manchen steckt der amerikanische Guru-Glaube. Aber die Richtung stimmt.

Haben Sie Lieblingsspieler?

Gause: Ich mag den Arne Friedrich von Mainz.

Kleber: Nee, der ist doch bei Hamburg.

Welchen Friedrich meinen Sie? Arne Friedrich ist bei Hertha BSC Berlin und bei der WM dabei, Manuel Friedrich von Mainz nicht.

Kleber: Gundula, ich bin entsetzt. Ich habe mich immer auf dich verlassen!

Gause: Ich glaube, bei der Frage passen wir einfach mal.

Ihr Lieblingsspieler, Herr Kleber?

Kleber: Ich finde Kahn super. Wie der jetzt so eine Vaterrolle für die ganzen jungen Spieler angenommen hat.

Wie läuft Ihre Zusammenarbeit im Studio? Wie verständigen Sie sich? Auch blind wie Schweinsteiger und Podolski?

Kleber: Die spielen fast so gut zusammen wie wir.

Trainieren Sie Ihren Doppelpass?

Kleber: Nein.

Gause: Das ist alles durchdacht. Vorher schon.

Kleber: Ein Beispiel: Der zweite Nachrichtenblock beginnt meistens mit den Börsennachrichten. Wenn man vorher ein Stück hat, wo es um Aidstote in Afrika geht, kann man das nicht so einfach machen. Da helfe ich ihr dann mit einer Überleitung.

Frau Gause verwandelt also nur Ihre Vorlagen?

Kleber: Sie macht die Punkte, ich die Vorbereitung.

Gause: Wir haben das so definiert, dass der Hauptmoderator die Themen einordnet und wir, die Nachrichtenmenschen, die Fakten präsentieren.

Kleber: Aber in letzter Zeit hat Gundula oft ihre letzte Meldung direkt in die Kamera präsentiert, im On. Häufig versteckt Sie sich ja hinter Filmen oder Grafiken – was sie gar nicht nötig hat. Und dann gibt sie an mich ab, mit einem kleinen Nicken oder Drehen des Kopfes – Ultra-Feintuning.

Frau Gause, was schätzen Sie an Ihrem Chef?

Gause: Er besitzt eine frische Unkompliziertheit und wirft auch mal um 21 Uhr die Sendung über den Haufen. Das zeugt von Power und Frische – klasse!

Und was mag der postintellektuelle Claus Kleber am Spaceweib Gundula Gause? So hat die FAZ Sie beide einmal genannt.

Kleber: Der Artikel hat mir wirklich gut gefallen, aber Spaceweib habe ich nicht verstanden. Spaceweiber sind doch kühl – wenn auch intellektuell und optisch attraktiv. Das bist du doch nicht, Gundula. Ich schätze ihre Präsenz und ihre Ausstrahlung, die sie auch über den Bildschirm bringt. Ich sehe sie einfach gerne.

Worüber reden Sie, während der Abspann läuft?

Gause: Ich zitiere grundsätzlich Claus: „Wenn die das wüssten …“

Kleber: Die Wahrheit ist: Wir reden über die Sendung.