Jenseits der Dogmen

Hollands Sozialisten haben sich als einzig linke Option profiliert

KÖLN taz ■ Der Erfolg der holländischen Sozialisten (SP) bei den Parlamentswahlen geht auf das Konto der Sozialdemokraten (PvdA). Deren Spitzenkandidat Wouter Bos hatte sich selbst einen Bärendienst erwiesen, als er vor der Wahl eine Linkskoalition ausschloss. Das Ergebnis: Die PvdA verlor 10 Sitze, die SP verdreifachte ihre Mandatszahl. Noch vor drei Jahren hatten sich viele Wähler im letzten Moment gegen die SP entschieden und nur aus taktischen Erwägungen der PvdA ihre Stimme gegeben. Diese Gruppe hat jetzt klargemacht, dass sie die PvdA für eine bloße Kopie der Konservativen hält und die SP für die einzig wählbare Linke im Land.

Der Star der niederländischen Sozialisten, Partei- und Fraktionschef Jan Marijnissen, sagte am Wahlabend mit großem Pathos: „Wir brauchen eine sozialere und menschlichere Politik, und dafür steht nur die SP.“ Da stimmten ihm viele sozialdemokratische Stammwähler zu, die nun die PvdA und ihren smarten Kandidaten Wouter Bos wegen seiner unentschiedenen Position in drei wichtigen Fragen abgestraft haben. In Sachen EU-Verfassung, beim Militäreinsatz in Irak und Afghanistan sowie bei den Einschnitten im Sozialsystem hatte neben den Grünen nur die SP eine eindeutig ablehnende Position.

Die Partei von Jan Marijnissen ist seit Mittwoch drittstärkste Kraft im Haager Parlament. Sie ist dort seit 1994 als Oppositionsfraktion vertreten. Für eine Partei, die 1964 gegründet wurde und noch in den 70er-Jahren als maoistische Bewegung nicht nur die Monarchie, sondern die parlamentarische Demokratie gleich mit abschaffen wollte, ein sensationelles Ergebnis. Die SP befürwortet heute einen gemäßigten Sozialismus, kämpft für Menschenwürde, Gleichheit und Solidarität und kritisiert die Auswüchse des globalisierten Kapitalismus.

Ihren Erfolg an der Urne verdanken die Sozialisten einer zweigleisigen Wahlkampagne. Die war einerseits auf christliche Wähler ausgerichtet, denen Balkenendes Politik zu wirtschaftsliberal und in der Integrationspolitik zu sehr nach rechts gerückt war. Andererseits auf die Anhänger der PvdA, die kein Vertrauen in den ewig lavierenden Wouter Bos hatten. HERA