Zerlegen in Asien: Schrottkähne enden am Strand

68 Schiffe deutscher Reedereien sind 2013 in Südasien verschrottet worden. Auch Frachter von Hamburger Reedereien sind dabei.

Frachter-Endstation Bangladesch: Am Abwrack-Strand von Chittagong. Bild: Shipbreaking Platform/Maro Kouri

HAMBURG taz | Wenn die Frachtraten nicht stimmen und ein Schiff halb leer über das Meere tuckert, ist meistens das Metall, aus dem der Frachter besteht, für den Reeder das Wertvollste. Doch das Abwracken solcher Schrottschiffe nach umweltpolitischen Standards ist teuer. Da kommt das Angebot so genannter „Broker“ oft gelegen, diese Schrottschiffe zu kaufen und in Indien oder Bangladesch am Strand von Billiglöhnern abwracken zu lassen. „Beaching“ nennt sich dieses Auseinandernehmen der Schiffe am Strand.

„Dieses ’Beaching‘ erlaubt nicht, Giftstoffe und Sondermüll aus der Struktur der Schiffe sicher zu entfernen, die Verschmutzung der Küste und der Meere zu verhindern und die Sicherheit der Arbeiter zu gewährleisten“, sagt Patrizia Heidegger von der Nicht-Regierungsorganisation „Shipbreaking Platform“ in Brüssel. Im vergangenen Jahr hätten deutsche Reeder 68 Schrottschiffe nach Südasien verkauft. „Damit führen deutsche Unternehmen der maritimen Wirtschaft zusammen mit den griechischen Reedern wieder einmal die traurige Hitliste der ’Worst Ship Dumpers‘ in Europa an“, sagt Heidegger.

Auf Heideggers Liste stehen auch namhafte Hamburger Reedereien wie Hapag Lloyd, bei der die Stadt Hamburg Großaktionär ist, die Reedereien Leonhard & Blumberg oder Claus-Peter Offen. Laut Heidegger sind allein von Hapag Lloyd sechs Containerschiffe zwecks Abwrackung an der Küste Indiens gestrandet. „Wir verschrotten keine Schiffe und wir verkaufen auch keine Schiffe an Verschrotter, auch wenn bei uns angefragt wird“, erwidert Hapag-Lloyd-Sprecher Rainer Horn. „Unsere Schiffe sind alle gut in Schuss und begehrt auf dem Zweitmarkt.“

Doch ist ein Schiff erstmal verkauft und in ein fernes Billigregister ausgeflaggt worden, kann der neue Eigner natürlich alle europäischen Vorschriften aushebeln. Nach denen ist der Export von Sondermüll, worunter Schrottschiffe fallen, verboten. „Hapag Lloyd hat zwar erklärt, sich vertraglich zusichern zu lassen, dass die Schiffe weiter betrieben werden“, sagt auch Heidegger. „Dem entgegen steht die Tatsache, dass alle sechs Schiffe laut Positionsbestimmung direkt vom Einsatz auf der Route Nordamerika-Europa nach Indien zur Strandung fuhren.“

Ähnlich soll es auch mit vier Schiffen der Leonhard & Blumberg Group gewesen sein. Zwei Schiffe seien bis kurz vor der Verschrottung unter deutscher Flagge gefahren – bis sie auf die Komoren oder Sierra Leone ausgeflaggt worden seien. Eine Stellungnahme war von der Reederei nicht zu bekommen.

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) prüft zurzeit die schwarze Liste von „Shipbreaking“ und gibt schon jetzt zu bedenken, dass deutsche Schiffe, wenn sie auf den Zweitmarkt verkauft werden, oft sehr schnell den Besitzer wechseln. „Wir sehen die Zustände der Verschrottung in Asien schon als Problem an“, sagt VDR-Sprecher Christoph Schwander. Das Problem sei jedoch, „dass die optimale Relegung noch nicht in Kraft ist“.

Die Strände von Bangladesch und Indien sind bei vielen Schiffseignern begehrt, sich ihrer Schrottschiffe zu entledigen:

60 Prozent aller alten Schiffe werden laut der "Shipbreaking Platform" in Brüssel an den Stränden Südasiens abgewrackt und entsorgt.

Eine neue EU-Verordnung zum Schiffsrecycling, die Schiffe als Sondermüll betrachtet, ist 2012 in Kraft getreten. Die Reeder können diese aber umgehen, in dem sie ihre Schrottschiffe außerhalb von EU-Häfen verkaufen.

Die Hong Kong Convention der International Maritime Organization der UN soll weltweit Standards und Normen für umweltgerechte Abwracken einführen. Aber sie ist noch von zu wenig Staaten in nationales Recht umgesetzt worden und ist darum weltweit nicht bindend.

So sei 2009 die Hong Kong Convention der „Internationalen Maritime Organization“ verabschiedet worden, die sowohl das Recycling als auch das Verschrotten von Schiffen regelt. Diese ist laut Schwander aber noch nicht von so vielen Staaten ratifiziert worden, dass die Standards weltweit bindend seien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.