Teheran erhöht Kopfgeld auf Rushdie

■ Zweieinhalb Millionen US-Dollar verspricht religiöse Stiftung denjenigen, die den britischen Schriftsteller ermorden. Britischer Geheimdienst hat Hinweise auf konkrete Mordpläne. Britische Regierung und EU empört

Teheran/Bonn/Berlin (AFP/taz/dpa) – Sonderzuschlag für potentielle Rushdie-Mörder: Zwei Millionen US-Dollar waren bisher vom Iran auf den Kopf des Schriftstellers Salman Rushdie ausgelobt – gestern setzte die Teheraner Stiftung „15. Chordad“ noch eine halbe Million drauf. Rushdies Mörder müsse kein Muslim sein, erklärte der Leiter der Stiftung, Ajatollah Hassan Sanei. Das Kopfgeld stehe jedem zu, der den Autor der „Satanischen Verse“ töte, „selbst seinem Leibwächter“.

Der vor acht Jahren von dem mittlerweile verstorbenen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini in Form eines Rechtsgutachtens ausgesprochene Mordaufruf gegen Rushdie sei „ein göttliches Dekret“ und werde ausgeführt. Früher oder später werde der britische Schriftsteller „zur Hölle fahren“. Daß solche Sprüche nicht folgenlos bleiben, zeigte sich gestern in London: Die Tageszeitung The Guardian berichtete, der britische Geheimdienst habe Hinweise auf konkrete Mordpläne gegen Rushdie. Die britische Regierung forderte den iranischen Staatspräsidenten Rafsandschani auf, den „skandalösen Vorstoß“ zu verurteilen und schriftlich für Rushdies Sicherheit zu garantieren. Die Europäische Union wird heute in Den Haag entsprechende Forderungen veröffentlichen.

Die Stiftung 15. Chordad ist eine der mächtigsten und reichsten Institutionen der Islamischen Republik. Sie gehört zur Hausmacht von Irans religiösem Führer Ali Chamenei. Dessen Widersacher, Präsident Rafsandschani, behauptete jedoch gestern vor der Presse, die Stiftung sei „keine Regierungsorganisation. Ihre Entscheidungen haben nichts mit der Regierungspolitik zu tun.“ Auch zu dem vermutlich vom iranischen Geheimdienst festgehaltenen Schriftsteller Faradsch Sarkuhi hatte Rafsandschani etwas zu sagen: Er sei erstaunt, daß im Ausland ein solcher „Heidenlärm“ gemacht werde. Es handele sich „hundertprozentig um eine innere Angelegenheit Irans“. Er persönlich untersuche den Fall.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verlangte gestern, iranische Kultureinrichtungen zu boykottieren. Beobachter vermuten einen Zusammenhang der Kopfgelderhöhung mit den anstehenden Präsidentenwahlen. Die mit Abstand größten Chancen, Rafsandschanis Nachfolge anzutreten, hat der derzeitige Parlamentspräsident Ali Akbar Nateq Nuri – ein enger Gesinnungsgenosse des Chefs von 15. Chordad. taud Kommentar Seite 10