Montagsdemonstration in Dresden: Pegida-Pause

Wegen angeblicher islamistischer Morddrohungen verbietet die Polizei alle für Montag geplanten Demos. Der Tod eines Flüchtlings bleibt weiter ungeklärt.

Am vergangenen Montag demonstrierten nach Polizeiangaben rund 25.000 Menschen in Dresden Bild: dpa

DRESDEN taz | Die Dresdner Pegida-Bewegung hat überraschend ihren wöchentlichen „Abendspaziergang“ am heutigen Montag abgesagt. Es bestehe „eine konkrete Bedrohungslage gegen ein Mitglied des Orgateams“, heißt es auf ihrer Facebook-Seite. Konkret soll es sich um islamistische Morddrohungen gegen Cheforganisator Lutz Bachmann handeln. Nach Absprache mit dem Staatsschutz und der Landespolizeidirektion habe man sich zu diesem Schritt entschlossen. Statt zur Kundgebung zu gehen, sollen Sympathisanten die Landesflagge und eine Kerze ins Fenster stellen.

Kurz nach der Ankündigung erließ die Polizeidirektion Dresden am Sonntag ein allgemeines Demonstrationsverbot, das für alle Versammlungen in der Stadt gilt, auch für angemeldete Gegenveranstaltungen. Man gehe „nicht mehr nur von einer abstrakten Gefahr, sondern von einer konkreten aus“, begründete Polizeipräsident Dieter Kroll diesen Schritt.

Jenseits der Terrorgefahr dürfte der Polizeipräsident nach der Absage aber auch aus anderen Gründen erleichtert sein. In der Vorwoche hatte er davor gewarnt, die Polizei könnte künftig nicht mehr Herr der Lage sein. Mehrere hundert Pegida-Anhänger müssten als gewaltbereit eingestuft werden, aber auch von der Antifa seien Übergriffe zu befürchten. Am 5. Januar hatten etwa 200 rechte Hooligans einen Durchbruch versucht. Zuletzt waren in Dresden 1.800 Polizisten im Einsatz.

Friedlich und ungestört verlief am Samstagnachmittag hingegen eine Trauerkundgebung, auf der auch mögliche Zusammenhänge mit Pegida anklangen. Anlässlich des gewaltsamen Todes des Flüchtlings Khaled Idris Bahray aus Eritrea am vorigen Dienstag versammelten sich etwa 2.500 Bürger auf dem Gomondai-Platz, darunter zahlreiche Afrikaner. Sie zogen anschließend am Polizeipräsidium vorbei und forderten, den Fall umfassend aufzuklären. Khaled hatte sich nach seiner Flucht durch die Sahara und über das Mittelmeer seit etwa vier Monaten in Dresden aufgehalten

„Je suis Khaled“ oder „Nightmare Dresden – Failed State Sachsen“ stand auf Plakaten zu lesen. Zwischen zahllosen Kerzen und Blumen hatte ein Dresdner einen Brief hinterlegt. „Ich kann mich nicht schämen, in diesem Land geboren zu sein. Aber ich schäme mich, dass wir Dir nicht helfen können“, stand darauf zu lesen. Neben Hinweisen auf die anfängliche Fehleinschätzung der Polizei, Khaled sei kein Gewaltopfer, wiesen die Redner vor allem auf die drastische Verschlechterung des Klimas für Ausländer hin.

„Hemmschwelle der Gewalt gesunken“

„Dresden hat ein Rassismusproblem“, rief Robert Kusche von der Opferberatung RAA. „Pegida und die zunehmenden Übergriffe haben ein Klima geschaffen, in dem die Hemmschwelle der Gewalt gesunken ist.“ Es sei ein Armutszeugnis für die Stadt, dass Flüchtlinge Angst haben müssten, kritisierte auch Dresdens Ausländerbeauftragte Kristina Winkler.

Die Messerstiche, an denen Khaled Idris Bahrey starb, erscheinen umso rätselhafter, weil die acht afrikanischen Bewohner einer Vierzimmerwohnung im Stadtteil Leubnitz in der Regel nie allein einkaufen gingen. Brauchbare Zeugenaussagen gibt es nicht, ebenso wenig eine heiße Spur. Auch die Bilder von zwei Überwachungskameras auf dem kurzen Weg zur Kaufhalle geben offenbar keine Hinweise.

Anwohner und Sozialarbeiter deuten an, dass sie nicht nur einen rassistischen Tathintergrund für möglich halten. Das Plattenviertel, in dem die Tat stattfand, gilt als Umschlagplatz für die Modedroge Crystal. „Möglicherweise war Khaled nur zur falschen Zeit am falschen Ort“, mutmaßt ein Insider.

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