Streik der Lokführer: Kein „billiger Jakob“

Im Fernverkehr fährt nur ein gutes Drittel der Züge, im Regionalverkehr sind es 15 bis 60 Prozent. Der Ausstand dauert im Personenverkehr bis zum Donnerstagabend.

Lieber mal die Inline-Skates mitnehmen: wartender Bahngast in Hannover. Bild: dpa

BERLIN dpa | Mit ihrem siebten Streik innerhalb weniger Monate hat die Lokführergewerkschaft GDL erneut den Personenverkehr der Deutschen Bahn ins Visier genommen. Im Tarifkonflikt legten in der Nacht zum Mittwoch von 2 Uhr an auch die Lokführer von Fern- und Regionalzügen die Arbeit nieder. Damit müssen Millionen Pendler und Reisende auf andere Verkehrsmittel umsteigen oder einen der Züge nutzen, die trotz des Streiks unterwegs sind. Zuvor hatte der GDL-Ausstand am Dienstagnachmittag bereits im Güterverkehr begonnen.

Der aufgestellte Ersatzfahrplan sei „weitgehend stabil angelaufen“, teilte die Bahn am Mittwochmorgen mit. Im Fernverkehr würden 244 Züge statt der üblichen 805 eingesetzt. Der bundeseigene Konzern erwartet zudem, dass im Regional- und S-Bahnverkehr am Mittwoch und Donnerstag 15 bis 60 Prozent der Züge fahren.

Private Bahnanbieter sind vom Streik nicht direkt betroffen - ihre Züge fahren. Allerdings kann es durch den Ausstand bei der Deutschen Bahn auch hier zu Behinderungen etwa durch blockierte Gleise kommen.

Im Osten seien größere Auswirkungen des Streiks zu erwarten als in anderen Regionen, sagte eine DB-Sprecherin in der Nacht zum Mittwoch. Die Bahn wies der GDL die alleinige Verantwortung für alle Reiseeinschränkungen aus.

Irritierte Fahrgäste

Der Ausstand soll im Personenverkehr insgesamt 43 Stunden dauern und an diesem Donnerstag um 21.00 Uhr enden. Im Güterverkehr ist das Streikende für Freitag um 9.00 Uhr geplant.

In Berlin und Hamburg bot die S-Bahn auf den meisten Linien einen 20-Minuten-Takt. Die S-Bahnen in München und Nürnberg sollten im Stundentakt fahren.

An den Hauptbahnhöfen in Köln und Essen fielen laut Internetseite der Deutschen Bahn rund 70 Prozent der S-Bahnen und Regionalzüge aus. Im Ballungsraum Rhein-Main-Gebiet versuchte die Bahn nach eigenen Angaben, „mindestens die Hälfte der Verbindungen anzubieten“.

An vielen Bahnhöfen zeigten sich Fahrgäste irritiert, dass gestrichene Züge nicht auf den Anzeigetafeln auftauchten - anders als im Internet. An den Infoständen der Bahn bildeten sich vielerorts Schlangen.

Begrenzung der Überstunden

Die Kosten des aktuellen Streiks für die deutsche Wirtschaft liegen nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) im dreistelligen Millionenbereich, wie die Bild berichtete. Insgesamt erhöhten sich die Kosten des Tarifstreits damit auf mehr als 600 Millionen Euro.

Die GDL will mit dem Streik weiteren Druck auf die Deutsche Bahn machen. Sie hatte die Verhandlungen am vergangenen Freitag erneut für gescheitert erklärt. Als entscheidenden Punkt bezeichnete sie die Einstufung der Lokrangierführer im Tarifgefüge die Bahn. Die Bahn versuche, diese Berufsgruppe „als billigen Jakob im Tarifvertrag zu verankern“.

Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky kritisierte ferner, auch nach 16 Tarifverhandlungsrunden seit Sommer 2014 fehlten noch immer Ergebnisse in zentralen Fragen. Als Beispiel nannte er eine Begrenzung der Überstunden. Die GDL verlangt außerdem fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche.

Die Bahn hingegen hatte den Streik als vollkommen überflüssig kritisiert. „Ich bleibe dabei: Wir waren einen Meter vor der Ziellinie“, hatte Bahn-Personalchef Ulrich Weber am Dienstag gesagt.

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