Hertha will Museum werden

Der Fußballbundesligist will in ein eigenes Gebäude für seine Geschichte. Fans fragen sich zwar, was dort ausgestellt werden soll – denn viele Trophäen gibt es nicht. Aber der Präsident will dort auch die NS-Vergangenheit aufarbeiten

Den ersten Spatenstich hat Vereinspräsident Bernd Schiphorst schon hinter sich – wenn auch nur symbolisch, in der Cinemathek am Potsdamer Platz. Da soll das Haus nicht hinkommen, dafür hat es aber schon einen Namen. „Hertha BSC-Museum“ soll das neuste Projekt von Berlins Fußballbundligisten heißen. Für den wenig verwegenen Namen entschieden sich kürzlich die Fans bei einer Abstimmung im Internet. In einem Jahr, so der Plan, können die Fans dann auch das Ausstellungsgebäude besuchen.

Nur wo es stehen soll, diese nicht unerhebliche Frage ist bislang nicht geklärt. In den letzten Tagen ist dem Club ein Gebäude auf dem Olympiagelände in Aussicht gestellt worden. Schiphorst sagt, man müsse sich die Räumlichkeiten noch ansehen und auf mögliche Sanierungskosten hin überprüfen. Aber grundsätzlich gilt das Areal rum um das Vereinsgelände als Wunschstandort von Hertha. Hier, so Schiphorst, könnte er sich das Museum als Teil einer touristischen Rundtour vorstellen. Das Olympiastadion sei ja ein gefragtes Ziel von Berlinbesuchern.

Das Museum solle der Fangewinnung und Fanbindung dienen, erklärt Schiphorst. Eine Mitgliederbefragung im letzten Jahr ergab, dass der Wunsch nach Traditionspflege groß ist. Dies hat die Museumsplanungen beschleunigt. Einige Hertha-Anhänger haken aber auch via Internet kritisch nach, was man denn eigentlich ausstellen will. Was der Verein gewonnen hätte, würde schließlich auch in eine Besenkammer passen. Nur zwei Mal wurde der Verein Deutscher Meister: 1930 und 1931. Zum Pokalsieger reichte es nie.

„Wir dürfen nicht in den rituellen Reflex verfallen, Museen als etwas Andächtiges zu betrachten“, entgegnet Schiphorst. „Wir beabsichtigen nicht, eine Trophäe neben die andere zu stellen. Ins Hertha BSC-Museum müssen Animation, Videos und Multimediaeffekte rein.“

Auf dieses Handwerk versteht sich Schiphorst. Viele Jahre bekleidete er eine Führungsposition bei dem Medienkonzern Bertelsmann. Deshalb hat er auch gerne dieses Projekt unter seine Fittiche genommen.

Vereinsmuseen sind in der Fußballbundesliga im Kommen. Schalke 04 machte im Jahre 2001 den Anfang. Bremen und Hamburg folgten. In Berlin, Dortmund und Frankfurt laufen derzeit die Planungen. Für Schiphorst erfolgt diese Rückbesinnung auf die eigenen Traditionen nicht zufällig: „Dem globalisierten Fußballmarkt müssen wir ein paar lokale Elemente entgegensetzen. Und dafür ist unter anderem so ein Museum ein gutes Instrument.“

Die dunklen Vereinskapitel will man bei Hertha dabei nicht ausblenden, sondern abschließend behandelt wissen. Man hat den Historiker Daniel Koerfer beauftragt, die Rolle von Hertha in der Zeit des Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Schiphorst erläutert: „Ich möchte die NS-Vergangenheit so komplett aufgearbeitet wissen, dass es keine weiteren Fragen mehr gibt. Ich hoffe, dass wir dann einen Strich unter dieses Kapitel ziehen können.“

Welchen Stellenwert und Raum dieser Teil der Hertha-Geschichte einnehmen wird, vermag Schiphorst noch nicht zu sagen. Man könne erst über die Konzeption des Museums sprechen, wenn die Studien beendet und die Entscheidung über den Standort gefallen seien. All dies ist auch für die potenziellen Sponsoren interessant. Denn die muss der Club zur Finanzierung des Museums erst noch gewinnen. JOHANNES KOPP