Der Sanfte hinter der kantigen Fassade

Er sieht aus wie Bruce Willis, nur etwas älter und mit dauerhafter Glatze. Durchtrainiert, braungebrannt und mit scharfkantigen Gesichtszügen flößt er Respekt ein, vor allem, wenn er seine dunkle Sonnenbrille trägt. Man will ihm unschwer abnehmen, dass er Israels Geheimdienstchef war. Doch Ami Ayalon, der Mann mit der harten Fassade, ist unter Israels Politikern, die Ambitionen auf das höchste Regierungsamt hegen, mit Abstand der sanfteste.

„Die israelische Linke hat einen riesigen Fehler gemacht, als sie 30 Jahre lang den Siedlungsbau nicht stoppte“, kritisiert Ayalon auch frühere sozialdemokratische Regierungen. Damit schafft er sich nicht gerade Sympathien unter den Genossen der Arbeitspartei. „Ich brauch doch keinen, der redet wie Meretz-Chef Jossi Beilin“, meint Ayalons Parteifreund Mosche Schachal, der bei den parteiinternen Wahlen eines neuen Vorsitzenden auf Ayalons Gegner Ehud Barak setzt. Das Image des linken „Peaceniks“ handelte sich Ayalon vor knapp vier Jahren ein, als er mit Professor Sari Nusseibeh, dem Direktor der Ostjerusalemer Al-Kuds-Uni, eine gemeinsame Prinzipienerklärung veröffentlichte.

Die Leitlinien für eine israelisch-palästinensische Friedenslösung sollen beide Seiten zu klareren Zugeständnissen als bisher verpflichten. Ayalon und Nusseibeh schwebt die Auflösung sämtlicher jüdischer Siedlungen vor, die nicht durch einen Gebietsaustausch an Israel angebunden werden können, sowie umgekehrt der Verzicht auf das Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge. Rund 400.000 Israelis und Palästinenser unterzeichneten die Prinzipienerklärung, bevor sie aus dem öffentlichen Diskurs verschwand.

Inzwischen setzt Ayalon auf die arabische Initiative, die er unter US-Vermittlung in Verhandlungen mit Vertretern der Arabischen Liga vorantreiben will. Damit liegt er nicht mehr allzu weit links von der Regierung Ehud Olmerts, die immer deutlicher die Bereitschaft signalisierte, über die arabische Initiative zu verhandeln. Ein Zusammengehen mit der Kadima wäre denkbar, allerdings stellt Ayalon eine klare Bedingung: nicht unter Olmert.

Der Schwachpunkt bei dem 1945 in Tiberias geborenen Ayalon ist seine politische Unerfahrenheit. Fast 40 Jahre stand der hochdekorierte Admiral der Reserve und Ex-Chef der Marine im Dienst der nationalen Sicherheit. Nach dem Mord an Premier Jitzhak Rabin, der auch auf das Versagen der Geheimdienste zurückzuführen ist, wurde Ayalon gerufen, um den Schin Beth zu reformieren. Erst seit gut einem Jahr sitzt er als Abgeordneter in der Knesset, wo er sich bislang kaum hervortat. SUSANNE KNAUL

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