Debatte um Grundeinkommen: Linke gegen "Hartz-IV-Light"

Die Linksfraktion im Bundestag verabschiedet sich indirekt vom Prinzip des bedingungslosen Grundeinkommens. Kritiker in der Partei sprechen schon von "Hartz IV-Light".

Scheiterte mit seinem Vermittlungsversuch: Linke-Vizechef Ernst. Bild: ap

Da hat sich Linkspartei-Vizechef Klaus Ernst einen ungünstigen Zeitpunkt ausgewählt. Rechtzeitig zum Superwahljahr wollte er seine Partei sozialpolitisch auf Kurs bringen und vor allem die ewig andauernde Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen vom Tisch haben. Zunächst auch mit Erfolg: Ende Januar segnete die Bundestagsfraktion auf seine Initiative hin ein Papier ab mit "Vorschlägen für eine bedarfsdeckende soziale Mindestsicherung".

Doch Ernst unterschätzte den Unmut der Parteibasis. Ausgerechnet im Krisenjahr, in dem die Arbeitslosigkeit wieder rasant nach oben schnellen werde, gebe es Vorschläge für ein "Hartz IV light", kritisierte Linken-Mitglied Werner Schulten den Vorstoß seines Vizechefs. Zwar werde das im Wesentlichen von Ernst formulierte Papier unmissverständlich mit dem Slogan "Hartz IV muss weg" eingeleitet. Doch im weiteren Verlauf finde sich die Formulierung, dass "am Vorrang der Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit" festgehalten werde. Zusammen mit anderen gründete Schulten vergangene Woche die Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV, die laut Gründungserklärung "allen Konzepten einer Grund- oder Mindestsicherung, die nicht radikal mit der Hartz-Logik brechen, eine klare Absage erteilt".

Schulten und seine Mitstreiter stören sich vor allem an der Formulierung, dass es in der Verantwortung des Einzelnen liege, "zumutbare Arbeit zur menschenunwürdigen Gestaltung seines Lebens zu nutzen". Zündstoff für die linke Parteibasis. Denn damit werde der Arbeitsbegriff ausschließlich über Erwerbsarbeit definiert. Familienarbeit oder ehrenamtliche Tätigkeiten würden nicht einbezogen werden. Klaus Ernst gehe davon aus, dass Vollbeschäftigung möglich sei, sagte Schulten. Damit sei aber nicht zu rechnen. Stattdessen müsse die Linkspartei "für eine soziale und armutsfeste Grundsicherung eintreten, die alle Menschen erfasst". 500 Mitglieder zähle seine Initiative bereits und sei nach der Kommunistischen Plattform bereits der größte Zusammenschluss innerhalb der Linkspartei.

Unterzeichnet hatte das von Ernst initiierte Papier die gesamte Bundestagsfraktion der Linkspartei - auch Katja Kipping, die bislang vehementeste Verfechterin eines bedingungslosen Grundeinkommens. Zugleich trat sie auch der neu gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft bei. Ein Widerspruch? "Keineswegs", sagte Kipping zur taz. "Bei dem Papier handelt es sich um einen Kompromiss, bei dem sich beide Seiten bewegen mussten." Immerhin habe sie durchsetzen können, dass sich die Linkspartei klar zum Prinzip der Sanktionsfreiheit bekennt, das heißt: Auch im Falle der Ablehnung einer zumutbaren Arbeit sei von Sanktionen abzusehen. Dies ist entscheidend für sie gewesen.

Nichtsdestotrotz werde sie auch weiterhin für ein bedingungsloses Grundeinkommen werben. Denn letztlich, sagte Kipping, sei es der Parteitag, der entscheidet.

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