Parteienfinanzierung: Keine Lex NPD

Der Vorschlag des niedersächsischen Innenministers, der NPD die Staatsgelder zu entziehen, scheint abgelehnt zu sein. Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgericht sagt, ohne Verbot müsse die Partei wie jede andere behandelt werden.

Bei der Innenministerkonferenz in Potsdam 2008 stellte Niedersachsens Innenminister Schünemann (hintere Reihe, vierter von links) sein Gutachten zur Parteienfinanzierung der NDP vor. Bild: DPA

In Hannover und Schwerin sind sich zwei CDU-Minister einig. Mittels Gesetzesänderung möchten Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann und sein Amtskollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, der NPD die Steuergelder entziehen.

Vor Monaten schon hatte Schünemann ein Gutachten vorgelegt, nach dem die Möglichkeit besteht, die NPD von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Ein Vorschlag, dem aber der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Andreas Voßkuhle, widerspricht. Ein Signal für die weitere Diskussion um die Finanzierung der NPD.

Mit entsprechenden Gesetzesideen, erklärte Voßkuhle, dürfe kein Parteiverbot auf indirektem Wege versucht werden. In den vergangenen Tagen wurde in der Politik wieder laut über eine solche Lex NPD nachgedacht. Hatte doch der Sprecher der Bundestagsverwaltung, Christian Hosse, der taz versichert, die finanziellen Schwierigkeiten der NPD müssten nicht zu deren ökonomischem Ende führen. Dank der Parteiengesetzgebung sei die Bundestagsverwaltung gehalten, der NPD entgegenzukommen, damit die Partei mögliche Schulden von 1,8 Millionen Euro wegen falscher Rechenschaftsberichte begleichen könnte. Ohne Verbot muss die NPD wie jede andere Partei behandelt werden, erklärte Hoose und sagte, die NPD müsste allerdings einen "seriösen" Finanzplan vorlegen.

Auf den Gleichbehandlungsanspruch der NPD verweist auch Voßkuhle, der als Vorsitzender des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts für Parteiverbote zuständig ist: "Solange eine Partei nicht verboten ist, nimmt sie gleichberechtigt am politischen Prozess teil." Die staatliche Finanzierung der Parteien nach Proporz, sagte er am Freitag der Neuen Osnabrücker Zeitung sollte eben "jeder Partei, jeder Stimme im politischen Diskurs Gehör verschaffen".

Das Gutachten von Schünemann, das er bei der Innenministerkonferenz in Potsdam 2008 vorstellte, sieht rechtliche Möglichkeiten für den Ausschluss der NPD. "Es ist unerträglich, dass sich die NPD zu rund 40 Prozent aus Steuermitteln finanziert", findet Schünemann. Konkret schlägt der Verfasser des Gutachtens, Volker Epping von der Leibniz-Universität Hannover, vor, Artikel 21 des Grundgesetzes und Artikel 18 des Parteiengesetz so zu ändern, dass eine "Teilfinanzierung" der Parteien möglich würde. Der Clou: Diese Teilfinanzierung wird daran gebunden, dass Parteien, "die Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung" verfolgten, von der Finanzierung ausgeschlossen werden könnten.

Vorschläge, die Caffier gegenüber der taz erneut begrüßte. Das Gutachten liefere "erste verwertbare Erkenntnisse", betonte er und versicherte: "Sollte dieses Gutachten einen gangbaren Weg im Kampf gegen den Rechtsextremismus aufzeigen, werden wir ihn natürlich unterstützen".

Sein Amtskollege aus Schleswig-Holstein, Lothar Hay (SPD), ist sich aber schon sehr sicher, dass es diesen Weg nicht gibt: "So unangenehm auch die Vorstellung ist, dass die NPD Gelder aus der Parteienfinanzierung in Anspruch nimmt, und so begrüßenswert es wäre, dies zu unterbinden, so muss man feststellen, dass Schünemanns Initiative einer rechtlichen Prüfung nicht standhält", sagte Hay der taz.

Nicht die einzige ablehnende Stimme aus dem Kreis der siebzehn Innenminister. Schon auf der Innenministerkonferenz warnten Amtskollegen vor einer Grundgesetzänderung, die den Bundestagspräsidenten ermächtige zwischen Parteien erster und zweiter Klasse zu unterscheiden. Die Linkspartei wolle wohl auch nicht, dass aus der Politik über eine Partei als verfassungsfeindlich entschieden werden sollte, um sie finanziell leer ausgehen zu lassen. An die Politik gerichtet mahnt auch Voßkuhle, dass ein "Parteiverbot" ein "gravierender Eingriff in den demokratischen Prozess" bedeutet. Und dieser, so darf man den Vizepräsidenten verstehen, dürften nur die höchsten deutschen Richter vornehmen.

Der Applaus der NPD folgte prompt. "Belehrung über den Rechtsstaat" frohlockte die Bundesführung und schwärmte für den "demokratischen Rechtsstaat". Dass der mecklenburg-vorpommerische NPD-Fraktionschef Udo Pastörs diesen Staat gerade als "Judenrepublik" verunglimpfte und das System gern beseitigen will, stört sie nicht.

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