Stadionsicherheit in der Bundesliga: Wer soll das bezahlen?

Der Bremer Senat will bei Risikospielen künftig von der DFL und den Vereinen kassieren. Der DFB droht deshalb, keine Länderspiele mehr an die Stadt zu vergeben.

Das geht selten gut aus: HSV-Fans im Bremer Weserstadion Bild: dpa

BERLIN taz | Der Vorschlag, den Fußball an den Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen, ist nicht sonderlich neu. Seit Jahren werden Forderungen in diese Richtung mal mehr, mal weniger laut in der Öffentlichkeit diskutiert. Der Bremer Senat nimmt diesbezüglich nun eine Vorreiterstellung ein und will als erstes Bundesland die Gesetze so ändern, dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und deren Vereine bei sogenannten Risikospielen zur Kasse gebeten werden können – trotz massiver Kritik aus Politik und Sport.

Wenn es nach Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) geht, soll der DFL noch in diesem Jahr die erste Rechnung ins Haus flattern. Im Dezember kommt es im Bremer Weserstadion zum Lokalderby zwischen Werder Bremen und Hannover 96, bei dem ein großes Polizeiaufgebot im Einsatz sein wird.

„Unser primäres Ziel ist ganz klar, Gewalt bei großen Fußballereignissen zu verhindern“, bekräftigt Mäurer. Gleichzeitig betont er jedoch die kritische Haushaltslage des kleinsten Bundeslandes und fordert, dass „Veranstalter, die durch eine staatliche Leistung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen, im Interesse aller Steuerzahler dafür eine angemessene Gebühr entrichten“.

Bei der DFL und dem Deutschen Fußballbund (DFB) stößt dieser Vorstoß auf heftigen Widerstand. Dieser Beschluss „ist mit unseren verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar“, sagte Ligapräsident Reinhard Rauball und behält sich juristische Schritte vor: Man werde bei der DFL „alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“.

„Doppel- oder Dreifachbesteuerung“

Zudem kündigte er an, sich bei der DFB-Präsidiumssitzung am morgigen Freitag gegen zukünftige Länderspiele in Bremen auszusprechen. Das bereits geplante EM-Qualifikationsspiel der deutschen Mannschaft gegen Gibraltar am 14. November in der Weserstadt soll zudem verlegt werden.

„Ich liege voll auf einer Linie mit Reinhard Rauball, was den Antrag betrifft, keine Länderspiele mehr nach Bremen zu vergeben“, stimmt auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in die Kritik mit ein. Er sehe darin eine „Doppel- oder Dreifachbesteuerung“, da der deutsche Fußball jährlich Millionenbeträge in die öffentlichen Kasse spült.

Auch das Bundesinnenministerium (BMI) spricht sich vehement gegen eine Kostenübernahme aus. „Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit obliegt eindeutig dem Staat“, heißt es im BMI. Laut Innenminister Thomas de Maizière liegen die Kernprobleme im Zusammenhang mit Fußball in der Regel nicht beim Veranstalter, „sondern müssen in erster Linie den Gewalttätern zugerechnet werden“. Eine Kostenpflicht sei deshalb nicht zielführend und lenke seiner Meinung nach „vom eigentlichen Problem“ ab.

Bei der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht man das allerdings ganz anders. Von dem Problem der Gewalt in und um den Stadien würde niemand ablenken wollen. „Diese Thematik bekommen wir doch an zahlreichen Wochenenden medial vor Augen geführt und die Problematik bleibt in der öffentlichen Diskussion in jedem Fall präsent“, sagt DPolG-Bundesvorsitzender Rainer Wendt gegenüber der taz und fügt hinzu: „Der Vorstoß des Bremer Senats ist das richtige Signal, und ich glaube, dass andere Bundesländer diesem Beispiel folgen werden.“

Teure Anwälte und zahllose Gutachten

Auch SPD-Politiker Mäurer wirbt bereits dafür, dass sich weitere Bundesländer der Gesetzesänderung anschließen, hegt jedoch noch Zweifel: „Die anderen Innenminister sind skeptisch. Deren Haltung wird sich erst ändern, wenn wir erfolgreich sind.“ Aus den unionsgeführten Ländern heißt es, man wolle dem Bremer Modell auf keinen Fall folgen. Ebenso gibt es bislang keine positiven Reaktionen aus einem Bundesland, das nicht von CDU oder CSU regiert wird.

Endgültig entschieden ist noch nichts. Die Bremer Bürgerschaft muss dem Beschluss der rot-grünen Landesregierung noch zustimmen. Eine Entscheidung darüber wird frühestens im September nach der Sommerpause gefällt. DFL und DFB bleibt demnach noch genug Zeit, um ihre Justiziare in Stellung zu bringen. „Ich kann mir vorstellen, dass die DFL mit den teuersten Anwälten antritt und uns mit Gutachten totwirft“, sagt Mäurer und formuliert schon jetzt ein Szenario für einen drohenden langwierigen Rechtsstreit, auf den es hinauszulaufen scheint.

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