Höchste Zweifel am Palastabriss

Staatssekretärin im Finanzministerium will vor einem Abriss des Palastes der Republik erst die Kosten für einen Neubau klären. Auch Experten der Kommission Historische Mitte plädieren für ein Abrissmoratorium – darunter sogar Schlossbefürworter

von UWE RADA

Bislang galt es als ausgemacht: Der Palast der Republik wird abgerissen, da können noch so viele Abrissgegner demonstrieren oder Künstler die Palastruine zwischennutzen. Nun aber hat sich erstmals eine hochrangige Mitarbeiterin des Finanzministeriums gegen einen vorschnellen Abriss zu Wort gemeldet.

„Gerade vor dem Hintergrund der unausweichlichen Sanierung der öffentlichen Haushalte sind bei der zukünftigen Nutzung des Schlossplatzes die langfristigen laufenden finanziellen Belastungen von Bedeutung, mehr noch als die Investitionskosten“, antwortet Barbara Hendricks in einem Schreiben an das „Bündnis für den Palast“, das seit Wochen gegen den Abriss mobil macht. Hendricks ist nicht nur Abgeordnete der SPD im Bundestag, sie ist auch parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium von Peer Steinbrück (SPD).

„So lange hier kein überzeugendes Konzept vorliegt, wäre es wahrscheinlich besser, den Status quo nicht zu verändern“, schreibt Hendricks weiter. Ihr Zweifel, vermuteten Abrissgegner des Palastes gestern auf einer Pressekonferenz in den Räumen der Akademie der Künste am Pariser Platz, seien auch eine Reaktion auf die Ungereimtheiten in der Machbarkeitsstudie, die die alte Bundesregierung noch kurz vor den Wahlen am 18. September vorgestellt hatte.

Diese Studie, die die Finanzierung des Schlossneubaus durch eine Public Private Partnership vorschlägt, wurde bis heute nur in Auszügen veröffentlicht. Der brisante Rest, aus dem nach Ansicht der Abrissgegner hervorgeht, dass die Finanzierung schöngerechnet sei, befindet sich unter Verschluss.

Doch nicht nur im Finanzministerium kommt Bewegung in die Sache. Auch ein Großteil der Mitglieder der ehemaligen Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“ hat sich gegen einen sofortigen Abriss der Ruine ausgesprochen. Das gab gestern der Vizepräsident der Akademie der Künste, Matthias Flügge, auf der Pressekonferenz bekannt. Acht von 16 Mitgliedern der Kommission, so Flügge, hätten sich bei einer Befragung durch die Akademie dieser Position angeschlossen. Unter ihnen sind auch Wirtschaftsvertreter wie der Unternehmensberater Roland Berger oder Befürworter des Stadtschlosses wie der Publizist Friedrich Dieckmann und der Bauhistoriker Goerd Peschken.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen forderte der Architekt Philipp Oswalt gestern erneut, den Palast der Republik vorerst stehen zu lassen. Viel Zeit bleibt den Abrissgegnern nicht. Bereits am 15. Dezember wird sich der Kulturausschuss des Bundestags auf Antrag der Grünen mit einem Abrissmoratorium beschäftigen, zwei weitere Ausschüsse verhandeln im nächsten Jahr. Bereits am kommenden Montag treffen sich die Berliner Bundestagsabgeordneten der SPD. Thema auf der Tagesordnung: der Palast der Republik.

Ungeachtet der neuen Diskussion im Bundestag hat Berlins Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bekräftigt, den Auftrag für die Abrissarbeiten demnächst erteilen zu wollen. Mit den Arbeiten soll im Januar begonnen werden.