Umkehr der Frauenförderung: Hamburg plant eine Männerquote

Männer sollen bevorzugt auf eine Professur berufen werden, wenn ihr Geschlecht an einer Fakultät unterrepräsentiert ist.

Sollten sich beizeiten für eine Männerdomäne entscheiden: Junior-Studentinnen an der Uni Hamburg. Bild: Uni Hamburg

HAMBURG taz | Hamburg diskutiert ein neues Hochschulgesetz, das auch die Gleichstellung neu regelt. Nicht nur Frauen, auch Männer sollen als Bewerber für eine Professur bevorzugt werden, wenn der Anteil ihres Geschlechts innerhalb einer Fakultät unter der 50-Prozent-Marke liegt. Die Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten (LaKoG) ist strikt dagegen. „Wir fordern, es bei der Frauenförderung zu belassen“, sagt Isabell Collien, Gleichstellungsbeauftragte der Hafencity Universität (HCU).

Der Frauenanteil im Wissenschaftsbetrieb ist gering. Zwar waren laut Statistikbericht 2011 rund 47,7 Prozent der Studierenden und 45 Prozent der Promovierenden weiblich, doch Professorinnen sind nur 24,2 Prozent. Die meisten hat die Hochschule für bildende Künste mit 30,6 Prozent. Die wenigsten die Technische Universität Harburg mit 7,2 Prozent. Es besteht also Nachholbedarf, deshalb steht im Paragraf 14 des aktuellen Gesetzes: „Frauen sind bei gleicher Qualifikation bevorzugt zu berücksichtigen.“ Und zwar so lange ihr Anteil an einer Fakultät unter der 50-Prozent-Marke liegt.

Das Gesetz von SPD-Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt enthält auch den Ausbau von Gleichberechtigung. So müssen Frauen in akademischen Gremien zu 40 Prozent vertreten sein. Doch wenn es um Berufungen geht, wird der alte Begriff „Frauenförderung“ durch „Gleichstellung“ ersetzt, und für den Fall, dass in Fakultäten Männer in der Minderheit sind, deren Bevorzugung vorgeschrieben.

Dies sei ein „fatales politisches Signal, welches eine besorgniserregende Unkenntnis der Realitäten an deutschen Hochschulen zeigt“, schreibt die Gleichstellungsbeauftragte der Uni Hamburg, Britta Ramminger. „Hier werden nur noch Köpfe gezählt. Als ob es eine strukturelle Benachteiligung von Frauen nicht mehr gibt“, ergänzt Collien. Doch die gebe es, weil Frauen immer noch die Verantwortung für Pflege und Kinderbetreuung zugewiesen werde. „Wenn sich eine Frau um die 30 bewirbt, heißt es hinter vorgehaltener Hand: Na, die bekommt bestimmt demnächst ein Kind“, sagt Collien. Hinzu käme, dass Männer immer noch über starke Netzwerke verfügten. Da es eine nachgewiesene Benachteiligung von Frauen, nicht aber von Männern gebe, hält die LaKoG es für fraglich, ob deren Förderung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

In der Wissenschaftsbehörde kann man die Empörung nicht nachvollziehen. Der Senatorin sei die Frauenförderung sehr wichtig, sagt Sprecherin Julia Rauner. Die Geschlechterquote sei faktisch eine Frauenquote, weil der Professorinnenanteil immer noch so klein ist. „Es gibt derzeit keinen einzigen Fachbereich, an dem man Männer fördern müsste“, sagt Rauner.

Wenn das so sei, könne man ja auf die Männerförderung verzichten, hält Collien dagegen. Es gebe durchaus Bereiche, in denen Frauen stark vertreten sind. „Kultur der Metropolen“ an der HCU zum Beispiel seien mir drei Professorinnen besetzt. „Wenn da eine ginge, müsste man einen Mann rein quotieren.“

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