Diskriminierung in Deutschland: Rassismus an der Tür

Ein Test zeigt: Schwarze werden in Hamburger Clubs diskriminiert. Vor Gericht haben Kläger zwar gute Chancen zu gewinnen. Das bringt ihnen aber wenig.

Die Große Freiheit auf St. Pauli. Der Name stimmt nur mit der richtigen Hautfarbe. Bild: IK'sWorldTrip | CC-BY

BERLIN taz | „Rassistische Diskriminierungen an Diskothekentüren sind nicht akzeptabel“, stellte Christiane Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, am Freitag gegenüber der taz klar. „Sie stellen einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar, der nicht folgenlos bleiben darf.“

Lüders reagierte damit auf einen stichprobenartigen „Disko-Test“, den die Hamburger Beratungsstelle „Basis & Woge“ am vergangenen Wochenende auf der Reeperbahn durchführen ließ. Das Ergebnis war schockierend: Drei schwarze Versuchspersonen wurden dort in keinen einzigen der Clubs hineingelassen, in denen drei weißen Vergleichspersonen kurz darauf problemlos Einlass gewährt wurde. „Nachdem die schwarzen Männer in den fünften Club nicht hineingelassen wurden, haben wir den Test abgebrochen“, berichtet Birte Weiß von „Basis & Woge“ resigniert.

Auch einer kleineren Vergleichsgruppe von zwei Männern mit arabischem Hintergrund wurde überall der Einlass verwehrt. Dabei waren alle Männer ähnlich gekleidet und wiesen ein vergleichbares Alter auf, waren weder alkoholisiert noch benahmen sich irgendwie auffällig. „Solche Testings sind ein wichtiges Mittel, um Diskriminierungen nachzuweisen“, lobt Christiane Lüders, die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, die Hamburger Aktion. „Nur dann können Betroffene auch effektiv dagegen juristisch vorgehen.“

Dass manche Nachtschwärmer allein aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft an der Disko-Tür abgewiesen werden, ist beileibe kein neues Phänomen. Schon in den 1980er-Jahren lud die damalige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Barbara John, deshalb Diskothekenbesitzer zum Gespräch. Doch systematische Erhebungen, welches Ausmaß diese Form von Alltagsrassismus bis heute annimmt, gibt es noch immer kaum.

Klagen bringen wenig

Das Antidiskriminierungsbüro Sachsen führte im Oktober 2011 in Leipzig einen ähnlichen Test durch, wie er jetzt in Hamburg gemacht wurde. In mehr als der Hälfte der getesteten Clubs und Diskotheken wurde damals den „nichtdeutschen“ Testern der Zutritt verweigert. Erstaunlich ist nicht nur, dass ausgerechnet in Hamburg-Sankt Pauli, das als traditionell „linker“ Multikulti-Kiez gilt, das Ergebnis jetzt noch krasser ausgefallen ist als in der Messestadt Leipzig. Erstaunlich ist dieses Resultat auch deshalb, weil es schon mehrere erfolgreiche Klagen gegen Clubs gab, die ihre Gäste am Eingang diskriminieren.

Allein in Leipzig liegen inzwischen mehrere solcher Klagen vor; ein syrischer Student bekam erst im Mai 2012 deshalb 500 Euro Schadensersatz zugesprochen. Auch in Hamburg hatte ein ähnlicher Vorfall bereits vor vier Jahren für Aufsehen gesorgt. Nachdem ein Jurist aus Äthiopien damals von einem Club auf der Reeperbahn abgewiesen worden war, hatte es in Hamburg einen „runden Tisch“ der Kiez-Clubbesitzer gegeben, und der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga erließ Leitlinien gegen Diskriminierung. Doch genutzt hat das offenbar wenig.

Ein Grund dafür dürfte sein, dass die bislang verhängten Geldstrafen viel zu gering ausfallen. „Laut dem Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz, das seit 2006 in Kraft ist, sollten die Bußgelder bei Diskriminierung an der Disko-Tür angemessen und abschreckend sein“, sagt Birte Weiß von der Hamburger Beratungsstelle „Basis & Woge“. „Aber die Entschädigungen, die von deutschen Gerichten verhängt werden, fallen erschreckend niedrig aus und haben ganz offensichtlich keine abschreckende Wirkung.“

Birte Weiß von „Basis & Woge“ betont, dass es der Beratungsstelle mit ihrem „Disko-Test“ nicht darum gehe, einzelne Clubs an den Pranger zu stellen. „Wir wollen, dass das Thema als strukturelles Problem ernst genommen wird.“ Man habe einen breiten Querschnitt getestet, von der Mainstream-Disko bis zum In-Laden. Nur so viel will sie dazu sagen: „Auch subkulturelle Clubs sollten ihre Einlasspraxis überprüfen“, stellt sie dazu fest.

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