Infektionskrankheit: Keime im Kinderspielhaus

Erst spät rückte das Bezirksamt Altona mit der Nachricht vom Erreger EHEC im Stadtteil Lurup heraus. Der Ursprung der Infektion ist unklar.

Spielhaus Fahrenort: Hier könnten sich die Kinder angesteckt haben. Bild: dpa

Nach dem Tod eines Kindes rätseln Mediziner über die Herkunft des gefährlichen Keims, der im Hamburger Stadtteil Lurup grassiert. Am 29. Juli war der vierjährige Junge im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf gestorben. Ärzte hatten bei ihm wie bei drei weiteren Kindern aus dem Stadtteil das so genannte hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) diagnostiziert, eine Komplikation nach einer Infektion mit dem Darmbakterium EHEC.

Das Gesundheitsamt Altona versucht nun mit Experten des Robert-Koch-Instituts, die Ansteckungsquelle zu finden - mit ungewissem Erfolg. "Ich bin skeptisch, ob wir da etwas festmachen können", sagte der stellvertretende Leiter des Bezirksamts Altona, Kersten Albers.

Im Zentrum der Untersuchungen steht das Spielhaus Fahrenort in Lurup: Hier hatten sich die Kinder kurz vor dem Ausbruch der Krankheit aufgehalten. Wie der Keim dorthin gelangt sein soll, ist bisher ungeklärt.

Enterohämorrhagische Escherichia Coli (EHEC) sind eine aggressive Variante des Darmbakteriums Escherichia Coli.

Übertragen werden sie durch Ausscheidungen oder auch mit der Nahrung - zum Beispiel nicht pasteurisierter Milch.

Etwa 1.000 Erkrankungen gibt es hierzulande jährlich. Bei Erwachsenen kommt es dabei zu einer Magen-Darm-Infektion. Bei Kleinkindern oder alten Menschen kann daraus das gefährliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) werden.

60 Kinder, ihre Eltern und Betreuer sollen nun untersucht werden, darunter die 44 Mädchen und Jungen eines nahe dem Spielhaus gelegenen Kindergartens sowie 19 Kinder aus dem Spielhaus selbst, die im Juni am Ausflug zu einem Bauernhaus im Kreis Rendsburg teilgenommen hatten - EHEC kann von Tieren auf Menschen übertragen werden. Auch das Planschbecken im Spielhaus wurde untersucht, ohne Ergebnis.

Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass die vier Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren bereits Mitte Juli nach einer Durchfallerkrankung ins UKE eingeliefert worden waren. Schon der Verdacht auf ein hämolytisch-urämisches Syndrom ist meldepflichtig. Das Bezirksamt wurde jedoch nach eigenen Angaben erst am 31. Juli, zwei Tage nach dem Tod des Jungen, von einem ansässigen Kinderarzt über die Infektionen informiert. Seither laufen Untersuchungen - die Bewohner des Stadtteils bekamen zum größten Teil allerdings nichts davon mit. Lediglich Eltern und Betreuer wurden angesprochen.

Wie Albers erklärte, habe das Bezirksamt bereits am Dienstag an die Öffentlichkeit gehen wollen, nachdem sich am Freitag der Verdacht um das Spielhaus verdichtet hatte. Experten des Robert-Koch-Instituts hätten jedoch abgeraten: Sie wollten erst persönlich mit den Betroffenen sprechen, um Panik zu vermeiden. Der Radiosender NDR 90,3 war aber schon informiert worden und machte die Vorfälle am Nachmittag publik. Am gleichen Tag wurde das Spielhaus geschlossen.

Albers wies Kritik zurück, die Stadt sei mit dem Verschweigen einer ansteckenden und gefährlichen Krankheit ein zu hohes Risiko eingegangen. Man müsse die Verdachtsorte erst eingrenzen, bevor man zu umfassenden Maßnahmen greifen könne, sagte er. "Wir reden hier nicht von Pest und Cholera."

Eines der erkrankten Kinder ist inzwischen entlassen worden, die beiden anderen liegen noch im Krankenhaus. Am Dienstag wurde ein fünfter Verdachtsfall aus ihrem familiären Umfeld gemeldet. Die große Ansteckungsphase ist laut Kerstin Godenschwege vom Gesundheitsamt Altona aber schon vorbei. Eine Pandemie sei derzeit nicht zu befürchten.

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